7.7. 2022 – 8.7.2022: von Stornoway nach Kinlochbervie

Bei der Planung dieses Segeltages wollen wir früh ablegen und die kommende Nacht durchsegeln, um am Sonntag in einem nicht so windigen Zeitfenster durch den Pentland Firth zu fahren.

Um 6:45 Uhr haben wir gemäß Logbuch abgelegt. Zunächst fahren wir unter Motor, da kein Lüftchen bläst. Erst nach 2 Stunden ist ausreichend Wind vorhanden, um den Motor aus zu schalten.

Früh am Morgen traut sich die Sonne kurz raus.

Der Wind kommt fast genau von hinten, sodass wir die Genoa mit der hierfür vorgesehenen Stange aussteifen und das Großsegel mit einem sogenannten Bullenstander sichern, damit der Baum nicht bei einer unfreiwilligen Halse umschlagen kann.

Wir laufen jetzt um die 5 Knoten, eine Reisegeschwindigkeit, mit der wir auch geplant haben.

Später müssen wir beide Segel auf eine Seite setzen, da wir sonst vom Kurs zu weit in Richtung Norden abkommen.

Jetzt nehmen Windstärke und Seegang zu. Die Wellen kommen fast von hinten und unterlaufen das Boot. Es wird etwas schaukeliger und wir gönnen uns beide eine sogenannte Reisetablette. Das Großsegel reffen wir jetzt und in einiger Zeit müssen wir auch das zweite Reff setzen. Die Genoa verkleinern wir mehrfach.

Trotz minimaler Segelfläche fährt die ZERO mit 5-6 Knoten durch das wellige Meer. Wir sind jetzt nördlich der Spitze der Insel Lewis, sodass wir keinen Schutz mehr vor den atlantischen Wellen haben.

Recht früh verwerfen wir unseren Plan der nächtlichen Durchfahrt. Das Schiff erfordert zuviel Aufmerksamkeit in seinen Bewegungen, sodass wir uns mittags entscheiden, in der Bucht von Kinlochbervie den Hafen anzulaufen.

Die Einfahrt in die Bucht von Kinlochbervie gestaltet sich schwierig. Vor der Bucht schaukeln uns die Wellen ganz ordentlich. Die Sicht ist miserabel und mehrfach muss ich die Umrisse der Zufahrt mit der Karte abgleichen, um sicher zu sein, die richtige Einfahrt zu finden.

Die Einfahrt ist relativ eng und der seitliche Wind könnte uns an den linken Felsen der Einfahrt drücken. Die Genoa rollen wir noch vor der Zufahrt ein, mit Motor und Großsegel haben wir genügend Vortrieb, um ein Abtreiben der ZERO gegen die Felsen zu verhindern.

Nach der Einfahrt entspannt sich die Lage sehr schnell. Die hohen seitlichen Wellenbewegungen kommen zur Ruhe.

Schon gegen 15:15 Uhr machen wir die ZERO an den Pontons von Kinlochbervie fest.

Da die Wetterprognosen für den nächsten Tag für die Umrundung des Cap Wraps je nach Modell unterschiedliche Windstärken ausweisen, entscheiden wir uns, hier einen Tag länger zu verweilen. Auch am Montag gibt es für den komplzierten Pentland Firth ein geeignetes Zeitfenster.

Kinlochbervie hat als Fischereihafen schon sehr viel bessere Tage erlebt. Im großen Backstein Verwaltungsgebäude wird in den 2 Etagen nur noch ein Raum vom Hafenmeister verwendet. Noch aushängende Fluchtpläne bei Feueralarm, Beschriftungen von und Push bzw. Pull Anweisungen auf den unzähligen Türen, Fluchtpläne, aushängende Notrufnummern lassen erahnen, dass hier vor etlichen Jahren viel Betriebsamkeit herrschte.

Die Decke im Hafenmeisterbüro wurde an einer Stelle aufgetrennt, wohl um die Ursache eines Lecks zu ergründen. Verschlossen wurde die Decke danach nicht mehr.

Das Lagerhaus von Kinlochbervie

Die Fischverladestation für LKWs hat vielleicht 15 separate Verlade Zugänge. Die Lagerhallen öffnen sich zum Hafen, wo der Fisch angelandet wurde.

Jetzt stehen hier noch 3 5-achsige Container LKWs, davon 2 mit Zugmaschinen, einer ohne Anmeldung. Die Containerbeschriftung mit Scotland Fish Kinlochbervie weist auf den Stolz hin, mit dem diese Fischindustrie hier einmal Wohlstand in das Dorf brachte.

Im Recyklinghof finden sich die Überreste der untergegangenen Fischindustrie von Kinlochbervie.

Ein Teil der Fläche des Hafengeländes wird als Recycling Hof verwendet. In Metallgittern liegen ausgediente Fischnetze, am Straßenrand stapeln sich Altmetall, alte Hummerkörbe und unzählige Relikte einer untergegangenen Fischereiwirtschaft.

Grundsätzlich mag ich den morbiden Charme von gegenständlichen Zeugen einer vergangenen Zeit. Hier aber vermisse ich die Vision einer Transformation. Es scheint nicht klar zu sein, wohin die Reise gehen soll. Wie will sich dieser Ort für die Zukunft aufstellen? Es fehlt die Zeit, das weiter zu ergründen.

Trotz der durch die natürliche Einbettung dieses geschützten Naturhafens in Hügelketten strahlt der Ort eine tiefe Depression aus. In ieser Nacht gehen alle Lampen an den Lagerhallen und auf dem Gelände an, als wollte der Ort nochmal zeigen, welchen Glanz er einmal ausgestrahlt hat.

3.7.2022 – 6.7.2022: von Rona nach Stornoway

Wir verlassen am frühen morgen diesen wunderschönen Ort Rona.

Im Windschatten der Insel Skye steuern wir auf Lewis zu. Hier ist Stornoway unser Ziel. Dort wollen wir einige Tage bleiben. Der Ort ist Ausgangspunkt für kleinere Unternehmungen, u. a. für die Besichtigung der Calanais Standing Stones, dieses 4000 Jahre alte Mysterium, von Menschenhand erschaffen.

Auf dem Weg nach Stornoway wollen wir vor den Shiant Isles im Windschatten ankern, um uns etwas zu essen zu zaubern.

Bis wir dort sind, haben wir zunächst einmal den Schutz der Insel Skye verlassen. Jetzt bläst es mit 4-6 Windstärken aus südöstlicher Richtung. Zudem dringen durch die Lücke zwischen den Hebrideninseln Harris und Lewis atlantische Wellen in den Kleinen Mynch ein (so wird das Seegebiet hier bezeichnet), sodass die Fahrt jetzt recht sportliche Züge annimmt. Ein Ankern zwischen den Shiant Inseln kommt bei der unruhigen See nicht mehr in Betracht.

Im Windschatten dieser Inseln setzen wir ein 2. Reff in das Großsegel.

So kommen wir sicher voran und legen um 17:00 Uhr am Ponton in der Marina von Stornoway an.

Beim Anlegen hilft uns ein “ Officer“ des Hafenmeisters. Dieser wurde uns bei der Kontaktaufnahme per Funk mit dem Hafenmeister avisiert. Er wartet bereits an dem uns zugewiesenen Platz ind hilft beim Festmachen des Bootes.

Hier arbeiten noch Menschen beim Hafenmeister und nicht nur Zahlautomaten wie in den meisten Häfen Dänemarks. Im Gegensatz zu Portree fühle ich mich hier willkommen.

Der Hafen von Stornoway ist wichtiger Fischereihafen

Der Hafen liegt zentral in der Stadt. Stornoway ist die größte Stadt der äußeren Hebriden. Mit Fähranbindung nach Ullapool hat Stornoway auch logistische Funktionen für die Region.

Wir nutzen unseren Aufenthalt, das Schiff auf Vordermann zu bringen. In Stornoway gibt es einen sehr gut aufgestellten Bootsausstatter, bei dem ich endlich meine schon in anderen Häfen vergeblich gesuchte Dichtungsmasse erhalte. Ebenso findet sich ein Elektronikladen, der mein Ersatztablet untersucht, das sich nicht mehr laden lässt. Leider fehlt ein Ersatzteil, das sich in der Kürze unseres Aufenthaltes nicht beschaffen lässt.

Die Standing Stones von Calanais

Wir besuchen die Standing Stones von Calanais, neben Stonehenge die zweitwichtigste Fundstätte dieser vor 4000 Jahren in der Jungsteinzeit aufgestellten Steine, über deren genaue Bedeutung die Archäologen forschen.

Der Besuch ist unkompliziert, eine der wenigen Restriktionen, die Hunde doch bitte an die Leine zu nehmen, berührt uns nicht.

Von Stornoway geht es dann am nächsten Tag weiter in Richtung Pentland Firth, jener Passage zwischen Festland und den Orkney Inseln, auf die man sich tunlichst gut vorbereiten sollte.