15.7.2022 – 16.7.2022 von Stonehaven nach Abroath

Morgens um 6:30 Uhr verlasse ich meinen Liegeplatz in Stonehaven. Für heute habe ich eine etwas kürzere Tour eingeplant.

Mit Lars hatte ich gesprochen, dass wir sinnvoller außerhalb des Stadthafens von Edinburgh uns treffen. Der Ort Eyemouth schon nach dem Ende der Ostseite der Bucht von Edinburgh ist hierfür gut geeignet. Ich spare mir den 2-fachen Weg in die Bucht, Lars muss allerdings nach Edinburgh noch 2x umsteigen. Wir woĺlen uns dann am Abend noch auf den Weg in Richtung Elbe machen.

Um Eyemouth zu erreichen, muss lediglich die Bucht von Edinburgh überquert werden.

Bei der Überquerung sind ca. 40 Seemeilen zurück zu legen, die Entfernung nach Abrobath sind ca. 30 Seemeilen.

Die Fahrt erfolgt überwiegend unter Motor. Zwischendurch regnet es gelegentlich. Der Regen fühlt sich wärmer an, als in den Wochen zuvor. Es ist ein warmer Sommerregen!

Ich hatte unterwegs den Hafenmeister um einen Liegeplatz im Hafen angefragt. Ja, das wäre kein Problem,mich müsse aber bis 18.00 Uhr da sein, da dann das Gate geschlossen wird.

Mein Liegeplatz in Abroarth.

Ein Gate so was wie eine Zwischenlösung zwischen ungeschütztem Trockenfallen des Hafens und der über eine Schleuse komplett entkoppelte Hafen. Das Gate wird temporär geöffnet, im Regelfall 2- 3 Stunden vor Hochwasser bis 2-3 Stinden nach Hochwasser. Bei Niedrigwasserständen bleibt das Gate geschlossen, damit der Hafen nicht lomplett trocken fällt. Als Segler muss man sich auf die Öffnungszeiten einstellen und die Detailplanungen darauf abstimmen.

Da am nächsten Tag des Gate nur ab 13:30 Uhr öffnet, bleibe ich eine Nacht länger. Ein halber Tag reicht mir nicht für eine 40 Seemeilen lange Tour aus. Am Folgetag muss ich aber bis Eyemouth kommen, da Lars den Tag darauf eintreffen wird.

Von der Abdichtung des Handlaufes erhoffe ich mir ein geringeres Eindringen von Feuchtigkeit ins Schiffsinnere

Ich nutze die zusätzliche Hafenzeit für kleinere Reparaturen und Abdichtungsarbeien am Boot.

Parkbänke als Andenkengalerie.

Am Nachmiitag habe ich Zeit für einen Spaziergang. Dabei fallen mir eine ganze Reihe von Parkbänken auf, die auf einem Weg zu einem Hügel einen schönen Ausblick aufs Meer bieten.

Jede Parkbank enthält ein kleines Schild mit einer individuellen Widmung für einen Verstorbenen. Ich nehme an, dass diese Bänke von den Angehörigen der Verstorbenen finanziert wurden. Das finde ich für alle Beteiligten einen Gewinn!

Morgen gehts dann weiter nach Eyemouth.

14.7.2022: von Peterhead nach Stonehaven

Nach der gestrigen kleinen Reparatur am Mast geht es um 5:30 Uhr weiter in Richtung Edinburgh, wo mein Mitsegler Lars am 18.7. anreisen wird.

Am Morgen ist noch ausreichend Wind, der mich mit ca. 4 Knoten die Stunde voran bringt. Dabei schiebt morgens auch die Strömung mit 1-2 Knoten mit.

Am Nachmittag muss der Motor mal wieder den Antrieb übernehmen. Der lief auf der Tour bis jetzt ca. 180 Stunden. Das belastet natürlich den ökologischen Fußabdruck. Segeln ist leider nicht durchgehend umweltschonend.

Eigentlich wollte ich heute noch ein Stück weiter kommen, aber mein persönlicher Antrieb hierzu fehlt. Die Infos aus dem Reeds Almanach zu Stonehaven klingen eher einladend, auch wenn der Hafen nur als Ausweichhafen aufgeführt wird.

Ein Anruf beim Hafenmeister klärt die Verfügbarkeit eines Liegeplatzes. Beim Eintreffen im Hafen soll ich mich per Funk melden, dann würde mir die richtige Position zugewiesen.

Um 15:50 Uhr liege ich wie vom Hafenmeister vorgesehen, längsseits an einem Fischerei Katamaran. Ich bin glücklich mit diesem relativ kurzen Segeltag und freue mich auf den Landgang.

Die Zero längsseits am Katamaran bei Flut.

Der Hafen wird gerade mit neuen Spundwänden versehen und saniert. Als einziger Gast habe ich das saubere Sanitärhäuschen für mich alleine.

Um den Hafen liegen mehrere Restaurants und Pups nebeneinander. Ich erkunde den in einer weiten Bucht liegenden Ort und entscheide mich anschließend für ein Restaurant direkt am Hafen. Auf die Bordküche habe ich immer noch keine Lust.

Nach dem leckeren Essen ziehe ich mich zurück auf die Zero.

Das innere Hafenbecken in Stonehaven läuft bei Ebbe leer.

Die Ebbe hat zwischenzeitlich den Meeresspiegel um einige Meter sinken lassen. Die Boote im inneren Hafenbecken liegen nunmehr im Sand.

Der Weg zurück auf die Zero ist jetzt anstrengend. Über leicht glitschige Stufen einer Hängeleiter geht es ca. 2,5 m in die Tiefe.

Über diese Leiter musst du gehen …

Nicht jedermans Sache, aber da ich versorglich nur ein kleines Bier getrunken habe und noch relativ beweglich bin, funktioniert der Abstieg zum Schiff.

Ich liebe diese etwas chaotischen Häfen, in denen es auch noch anderes Leben außerhalb des Bootstourismus gibt.

12.7.2022 von Wick nach Peterhead

In Wick geht Max von Bord. Ich reise zunächst in Richtung Edinburgh alleine weiter, wo Lars freundlicherweise nochmals an Bord kommt, um den langen Schlag über die Nordsee zu unterstützen.

Von Wick bis Peterhead sind es ca. 75 Seemeilen, die ich jetzt alleine bewältigen muss. Egal wann ich losfahre, es wird wenigstens teilweise eine Nachtreise. Der Hafen von Peterhead ist 7 Tage 24 Stunden geöffnet, da hier auch viel industrieller Hafenbetrieb statt findet. Ich kenne Peterhead bereits von meiner ersten England Tour.

Super früh losfahren oder später ankommen? Wir entschließen uns, noch gemeinsam zu frühstücken, sodass ich etwa gegen 10.00 Uhr ablegen kann. Max hat dann auch einen guten Anschluss an seine Reise nach Edinburgh.

Der Wind ist mir an diesem Tag kein stetiger Freund. Mal bläst er mit 3-4 Windstärken und bringt mich so ausreichend schnell voran, dann wieder unterbricht er komplett seinen Betrieb.

Am Morgen fahre ich bis zum Nachmittag an einem riesigen Windpark entlang. Die Windräder nehmen kein Ende. Der Eintrag in der neuen elektronischen Karte ist schon nicht mehr aktuell, er zeigt nicht die gesamte jetzt bebaute Fläche an. Angesichts der Klimakrise und angesichts des Ukraine Krieges freue ich mich über jedes einzelne Windrad, dass sich dort dreht.

Gegen 15:30 Uhr hat der Wind mal wieder seinen Betrieb eingestellt. Die Wellen aber sind fleißig und ohne stetigen Wind schaukeln sie die Zero unentwegt hin und her. Das häufige hoch- und runterziehen des Großsegels bin ich schon leid. Irgendwann wird der der Wind wohl wieder kommen. Das Klappern des durch die Welken hin- und hergeschwenkten Segels nehme ich zunächst in Kauf.

Die Verbindungsschiene für die Mastgleiter ist heraus gebrochen.

Plötzlich irritiert mich ein Geräusch, das etwa klingt wie „Klock“. Die Schiene zur Einführung der Segelgleiter in den Mast ist rausgefallen und liegt zum Glück mit beiden Befestigungsschrauben an Bord. Beim Versuch, die Schiene wieder fest zu schrauben muss ich feststellen, dass das nicht geht. Die Schrauben wurden während des Schiffe schaukelns einfach heraus gerissen – die Gewinde im Alumast, die die Schrauben gehalten haben, sind jetzt Schrott.

Für die heutige Weiterfahrt heisst das auch, dass ich das Groß nicht mehr einfach hoch- und runterfahren kann. Einmal runterfahren geht noch – dabei werden die Gleiter dann aus dem Mast rutschen und das Groß wird dann keine Verbindung mehr zum Mast haben.

Immerhin kann ich mit dem gerefften Groß erst einmal noch weiter fahren.

In Peterhead wird dann eine Reparatur fällig. So kann das Schiff nicht Langstrecke über die Nordsee fahren.

Gegen 20.00 Uhr hole ich die Segel ein. Jetzt gehts weiter unter Motor. Teilweise überwache ich die Fahrt von innen. Wie schon am Nachmittag, gönne ich mir einige 10 Minuten Schläfchen. Im 10 Minutentakt meldet sich dann der Wecker. Ich unterbreche den Alarm, kontrolliere das AIS Display auf andere Verkehrsteilnemer, den Kurs und den Selbststeuerungsautomaten. Wenn nichts besonderes anliegt, gönne ich mir ein weiteres Kurzschläfchen.

Gegen 2:30 nähere ich mich Peterhead. Neben den unzähligen Lichtquellen in diesem geschäftigen Hafen hat sich passend zu meiner Ankunft der Vollmond über dem Hafen aufgebaut. Es sieht phantastisch aus!

Die vielen Lichtquellen irritieren mich. Ich habe mich ordnungsgemäß per Funk bei der Hafenadministration angemeldet und die hat mir die Einfahrterlaubnis erteilt. Alles kommt mir anders vor als bei meinem Besuch vir 4 Jahren Zwischen Marina und Hafeneinfahrt scheint noch ein weiterer Pier dazu gekommen zu sein. Hatte die Marina wirklich vor 4 Jahren bereits eine eigene Einfahrt in ihren Bereich?

Der diensthabende Hafenadministrator instruiert mich noch 2 mal per Funk und ich habe die Einfahrt in die Marina gefunden. Um 2:45 Uhr ist das Boot an einem Schwimmponton vertaut und ich kann mich bald hinlegen, um ein wenig Schlaf zu erhalten.

Am Morgen melde ich nich beim Hafenmeister an. Anschließend nutze ich nochmal die Gelegenheit zum Wäsche waschen.

Auf dem Weg zur Waschmaschine begegnet mir ein Handwerker, der ein großes Metallwerkstück zu einem Schiff transportiert. Ich spreche ihn an, ob er Metallarbeiten für Schiffe macht. Er erläutert, dass er gerade eine Halterung für einen Windgenerator fertig gestellt hat, dessen Standort erhöht werden soll. Ich erkläre ihm mein Problem mit den rausgerissenen Schrauben, die durch größere ersetzt werden müssen und für die neue Gewinde in den Mast geschnitten werden müssen. Er verspricht, sich das gleich mal anzuschauen.

Diese Schiene für das Einfedeln der Mastgleiter war hersus gerissen.

Am Nachmittag ist die Wäsche gewaschen und getrocknet und die Schiene für die Segelgleiter ist wieder repariert. Ich bin sehr froh, dass die Reparatur so schnell erledigt worden ist!

Morgen früh kann es dann weiter gehen.

11.7.2022 von Scrabster durch den Pentland Firth nach Wick

Die Fahrt durch den Pentland Firth ist bereits in der Planungsphase ziemlich überladen. Auf Karten finden sich Symbole, die für gesunkene Schiffe stehen. Zum Caledonean Canal heißt es, dieser wurde auch gebaut, um die gefährliche Überfahrt durch die Nordküste von Handels- und Kriegsschiffen zu vermeiden.

Schließlich soll sich im Pentland Firth eine Strömung von bis zu 9 Knoten aufbauen.

In seriösen Quellen werden Tipps für die optimale Durchfahrt gegeben. Natürlich habe ich mich damit ausgiebig in der Planunsphase dieser Reise befasst. Im Ergebnis lässt sich das so zusammen fassen: es kommt auf das richtige Timing an.

Diese Erfahrung hatte ich bei meiner ersten Englandsegelreise bei Planung und Durchführung der Fahrt durch die Menai Strait (schmale und quirlige Durchfahrt in Wales zwischen der Insel Anglessay und dem Festland) auch gemacht. Es kommt auf das richtige Timing an.

Den besten Zeitpunkt für die Abreise aus dem Hafen habe ich mir vom Hafenmeister in Scrabster vorschlagen lassen. Der wiederum hat sich hierzu nochmal mit seinem Kollegen abgestimmt.

Selbstverständlich bin ich dem Abreisevorschlag gefolgt.

Mit uns fährt der deutsche Segler Woldemar, der die technischen Probleme, die er mit seinem Motor hat, meint in Wick besser lösen zu können.

Um 14 :30 Uhr gehts dann los durch die vermeintlich gefährliche Wasserstraße, den Pentland Firth.

Strömts hier schon oder ist das noch die Anreise?

Von den Erzählungen gefährlicher Strudel und Strömungen bleibt nicht viel übrig. Die Fahrt ist schön und an manchen Stellen erreichen wir mit Strömung auch 9 Knoten Geschwindigkeit. Allerdings haben wir auch den Vorteil, dass der südliche Wind nur bis zu 3 Beaufort bläst. Das hatten wir auch in der Wettervorhersage so wahrgenommen.

Zu einem falschen Zeitpunkt wäre ich mit meinem Boot nicht durch diese Wasserstraße gekommen. Zum falschen Zeitpunkt zu fahren wäre grob fahrlässig.

Nach dem Pentland Firth sind wir bis Wick noch bis 21.00 Uhr unterwegs.

10.7.2022 von Loch Eribol nach Scrabster

Die Abreise aus Loch Eribol erfolgt zügig. Haben wir gestern wohl 2 Stunden uns das Loch hochgekämpft, sind wir heute bei Wind von hinten innerhalb von 15 Minuten wieder aus dem Loch heraus.

Es wird der bisher schönste Segeltag dieser Tour.

Bei der Ausfahrt sis dem Loch Eribol kommen Wind und Wellen zunächst von links, d.h. aus dem Westen.

Zu Beginn der Ausfahrt ist das Meer noch recht quirlig.

Sobald wir unseren Nordkurs in Richtung Osten verlassen, ändern sich die Bewegungen der ZERO. Die Wellen kommen jetzt von hinten und unterlaufen das Schiff.

Mit der Änderung unserer Fahrtrichtung kommt auch die Sonne immer mehr durch. Das Wasser leuchtet in blauen Farben und die Wellen werden höher und länger.

Atlantikfeeling pur.

Highlights dieser Segeltour.

Für meinen Mitsegler Max ist jeder Segeltag etwas Besonderes. Max segelt noch nicht so oft. Heute ist es sein vierter Segeltag auf dieser Tour. Und der gestaltet sich als der absolute Hauptgewinn.

Dieser Segeltag wird uns noch länger im Gedächtnis bleiben.

Am Abend erreichen wir unser Tagesziel Scrabster.

9.7.2022: Kinlochbervie nach Loch Eribol und Planänderungen der Tour

Das Wetter heute ist gut geeignet, das Cap Wrath zu umfahren.

Die Ausfahrt aus Kinlochbervie ist unproblematisch. Noch in der Bucht setzen wir das Großsegel mit dem 2. Reff.

Wir halten gut Abstand zum Kap. Die Wellen werden jetzt länger und höher. Bei südwestlichen Winden mit 3-4 Beaufort kommen wir gut und sicher um das Kap.

An der Nordküste des schottischen Festlandes gibt es keine Häfen mit Ausnahme von Wrapster vor der Stadt Thurso.

Von hier aus hatte ich geplant, zu den Orkney Inseln weiter zu segeln.

Dieser Plan hat sich allerdings in den letzten Tagen in Luft aufgelöst. Mein für die Tour ab Wrapster geplanter Mitsegler ist erkrankt mit Corona Symptomen, allerdings ohne dass das Virus nachgewiesen werden konnte. Er ist leider noch nicht so weit genesen, als dass er sich solch eine Tour zumuten könnte.

Alleine traue ich mir die Tour auch nicht zu. In den Orkney Insel sind die Häfen und Mooringe knapp, da muss auch schon mal der Anker herhalten. Gefühlt scheint der Anker in den letzten Jahren immer schwerer geworden zu sein. Die Zero verfügt über keine Ankerwinsch und das Ziehen des Ankers per Hand (und Rücken) fällt mir immer schwerer. Das wird sich mir an diesem Abend nochmals bestätigen.

Im Ergebnis verabschiede ich mich von der Planung der Weiterreise zu den Orkney und den Shetland Inseln. Wenigstens für die Nordsee Querung hätte ich gerne eine Unterstützung, da eine mehrtägige Reise durch ein industriell erschlossenes Gebiet alleine mir zu anstrengend erscheint.

Zum Glück findet Mitsegler Lars in seinem Kalender noch eine Lücke, in der er mich für eine knappe Woche unterstützen kann. Wir vereinbaren uns zu einer gemeinsamen Rückfahrt aufs europäische Festland ab Edinburgh. Die Stadt ist gut, schnell günstig zu erreichen. Am 18. July wird Lars dort eintreffen.

Bis zu diesem Zeitpunkt sollte ich es schaffen, bis Edingburgh die schottische Ostküste herunter zu segeln.

Zurück zur Tour um das Cap Wrath. Zwischen dem Kap und Wrapster hatte ich einen Stop in der Bucht Loch Eribol eingeplant. Diese wird auch in meinem Revierführer als Übernachtungsoption angegeben.

Es ist die erste größere Bucht nach Umrundung des Cap Wrath. Sie schneidet in südlicher Richtung in das Festland ein.

Beim Ansteuern des Loch Eribols bläst uns der südsüdwestliche Wind ordentlich entgegen und baut eine Welle mit Gischt auf, gegen die wir anfahren müssen. Die Segel holen wir noch zum Anfang der Bucht ein. Es soll unter Motor weiter gehen. Bis zu den ersten im Revierführer angegebenen Ankerplätzen sind es noch einige wenige Seemeilen.

Unser 15 PS Motörchen ist für solch eine Tortour zu schwach ausgelegt. Wir nehmen das Vorsegel zu Hilfe und kreuzen gegen den Wind. Meile um Meile müssen wir uns mühsam erarbeiten. Manchmal scheint es überhaupt nicht voran zu gehen. Der Wind ist zu stark und die Berge nicht hoch genug, um uns ausreichend vor dem Wind zu schützen.

Nach zwei Stunden haben wir den im Revierführer empfohlenen besten Ankerplatz an der Westseite im inneren des Loch Eribols erreicht.

In dieser Bucht ist es einigermaßen windgeschützt.

Hier kuscheln sich eine Hand voll Häuser an den Berg. Nahe zum Land sieht das Wasser ruhig aus.

Im Revierführer war allerdings noch keine Rede von der heute dort installierten kleinen Fischfarm. Fischereiboote haben an grauen privaten Mooringen festgemacht.

Wir entschließen uns zum Ankern und halten etwas Abstand zum Land, damit das Boot bei einem möglicherweise drehendem Wind nicht an Land getrieben wird.

Der Anker ist mühsam aus der Ankerkiste gekramt und dann herunter gelassen. Der Wind lässt das Boot um den gesetzten Anker pendeln. Hoffentlich hält der Anker im etwas sandigem Untergrund.

Zeit, um die feuchten Segelklamotten auszuziehen und zum Trocknen aufzuhängen.

Eine anschließende Sichtkontrolle der Ankerposition jagt mir einen Schreck ein. Die Zero befindet sich jetzt bestimmt 25 m von der ursprünglichen Ankerpodition entfernt. Der Anker hat nicht gehalten!

Motor anlassen, den Anker mit Kette hochziehen, zwischendurch dem Rücken zusprechen, ja vielleicht gibt es heute sogar eine Wärmepflaster zur Belohnung …

Für unseren zweiten Ankerversuch entscheiden wir uns für eine Position neben einem Motorschlauchboot näher zum aufgeschütteten Strand. Der Tiefenmesser zeigt 2,80 m an, das reicht denke ich.

Anschließend kochen wir und zwischendurch beobachte ich immer wieder die Position des Schiffes. Zwischenzeitlich setze ich hinten noch einen kleineren Anker, um die Pendelbewegungen des Schiffes um den Hauptanker zu reduzieren. Die Zero scheint jetzt fest zu liegen.

Auch nach dem Essen lässt mir der Anker keine Ruhe. Immer wieder kontrolliere ich, ob die Position stabil bleibt. Das abfließende Wasser und der näher rückende Strand bereiten weitere Sorgenfalten. Wie soll ich heute nacht zur Ruhe kommen?

Inzwischen hat sich ein weiterer Segler das Loch Eribol hochgearbeitet. Er nähert sich unserer Ankerposition und macht ruckzuck an einem der beiden letzten freien privaten Mooringen fest.

Die Tuula macht sinnvollerweise gleich an einer Mooringtonne fest.

Jetzt fallen endlich meine Skrupel, das auch zu tun. Mit Mühe bergen mein Mitsegler Max und ich die Anker und machen gleich beim ersten Versuch an der letzten freien Mooringtonne fest.

Welche Erleichterung! Die Nacht ist gerettet!

Ich lese später nochmals im Reeds Almanach nach. Der empfiehlt sinnvollerweise diese Bucht nicht bei starkem Südwestwind.

7.7. 2022 – 8.7.2022: von Stornoway nach Kinlochbervie

Bei der Planung dieses Segeltages wollen wir früh ablegen und die kommende Nacht durchsegeln, um am Sonntag in einem nicht so windigen Zeitfenster durch den Pentland Firth zu fahren.

Um 6:45 Uhr haben wir gemäß Logbuch abgelegt. Zunächst fahren wir unter Motor, da kein Lüftchen bläst. Erst nach 2 Stunden ist ausreichend Wind vorhanden, um den Motor aus zu schalten.

Früh am Morgen traut sich die Sonne kurz raus.

Der Wind kommt fast genau von hinten, sodass wir die Genoa mit der hierfür vorgesehenen Stange aussteifen und das Großsegel mit einem sogenannten Bullenstander sichern, damit der Baum nicht bei einer unfreiwilligen Halse umschlagen kann.

Wir laufen jetzt um die 5 Knoten, eine Reisegeschwindigkeit, mit der wir auch geplant haben.

Später müssen wir beide Segel auf eine Seite setzen, da wir sonst vom Kurs zu weit in Richtung Norden abkommen.

Jetzt nehmen Windstärke und Seegang zu. Die Wellen kommen fast von hinten und unterlaufen das Boot. Es wird etwas schaukeliger und wir gönnen uns beide eine sogenannte Reisetablette. Das Großsegel reffen wir jetzt und in einiger Zeit müssen wir auch das zweite Reff setzen. Die Genoa verkleinern wir mehrfach.

Trotz minimaler Segelfläche fährt die ZERO mit 5-6 Knoten durch das wellige Meer. Wir sind jetzt nördlich der Spitze der Insel Lewis, sodass wir keinen Schutz mehr vor den atlantischen Wellen haben.

Recht früh verwerfen wir unseren Plan der nächtlichen Durchfahrt. Das Schiff erfordert zuviel Aufmerksamkeit in seinen Bewegungen, sodass wir uns mittags entscheiden, in der Bucht von Kinlochbervie den Hafen anzulaufen.

Die Einfahrt in die Bucht von Kinlochbervie gestaltet sich schwierig. Vor der Bucht schaukeln uns die Wellen ganz ordentlich. Die Sicht ist miserabel und mehrfach muss ich die Umrisse der Zufahrt mit der Karte abgleichen, um sicher zu sein, die richtige Einfahrt zu finden.

Die Einfahrt ist relativ eng und der seitliche Wind könnte uns an den linken Felsen der Einfahrt drücken. Die Genoa rollen wir noch vor der Zufahrt ein, mit Motor und Großsegel haben wir genügend Vortrieb, um ein Abtreiben der ZERO gegen die Felsen zu verhindern.

Nach der Einfahrt entspannt sich die Lage sehr schnell. Die hohen seitlichen Wellenbewegungen kommen zur Ruhe.

Schon gegen 15:15 Uhr machen wir die ZERO an den Pontons von Kinlochbervie fest.

Da die Wetterprognosen für den nächsten Tag für die Umrundung des Cap Wraps je nach Modell unterschiedliche Windstärken ausweisen, entscheiden wir uns, hier einen Tag länger zu verweilen. Auch am Montag gibt es für den komplzierten Pentland Firth ein geeignetes Zeitfenster.

Kinlochbervie hat als Fischereihafen schon sehr viel bessere Tage erlebt. Im großen Backstein Verwaltungsgebäude wird in den 2 Etagen nur noch ein Raum vom Hafenmeister verwendet. Noch aushängende Fluchtpläne bei Feueralarm, Beschriftungen von und Push bzw. Pull Anweisungen auf den unzähligen Türen, Fluchtpläne, aushängende Notrufnummern lassen erahnen, dass hier vor etlichen Jahren viel Betriebsamkeit herrschte.

Die Decke im Hafenmeisterbüro wurde an einer Stelle aufgetrennt, wohl um die Ursache eines Lecks zu ergründen. Verschlossen wurde die Decke danach nicht mehr.

Das Lagerhaus von Kinlochbervie

Die Fischverladestation für LKWs hat vielleicht 15 separate Verlade Zugänge. Die Lagerhallen öffnen sich zum Hafen, wo der Fisch angelandet wurde.

Jetzt stehen hier noch 3 5-achsige Container LKWs, davon 2 mit Zugmaschinen, einer ohne Anmeldung. Die Containerbeschriftung mit Scotland Fish Kinlochbervie weist auf den Stolz hin, mit dem diese Fischindustrie hier einmal Wohlstand in das Dorf brachte.

Im Recyklinghof finden sich die Überreste der untergegangenen Fischindustrie von Kinlochbervie.

Ein Teil der Fläche des Hafengeländes wird als Recycling Hof verwendet. In Metallgittern liegen ausgediente Fischnetze, am Straßenrand stapeln sich Altmetall, alte Hummerkörbe und unzählige Relikte einer untergegangenen Fischereiwirtschaft.

Grundsätzlich mag ich den morbiden Charme von gegenständlichen Zeugen einer vergangenen Zeit. Hier aber vermisse ich die Vision einer Transformation. Es scheint nicht klar zu sein, wohin die Reise gehen soll. Wie will sich dieser Ort für die Zukunft aufstellen? Es fehlt die Zeit, das weiter zu ergründen.

Trotz der durch die natürliche Einbettung dieses geschützten Naturhafens in Hügelketten strahlt der Ort eine tiefe Depression aus. In ieser Nacht gehen alle Lampen an den Lagerhallen und auf dem Gelände an, als wollte der Ort nochmal zeigen, welchen Glanz er einmal ausgestrahlt hat.

3.7.2022 – 6.7.2022: von Rona nach Stornoway

Wir verlassen am frühen morgen diesen wunderschönen Ort Rona.

Im Windschatten der Insel Skye steuern wir auf Lewis zu. Hier ist Stornoway unser Ziel. Dort wollen wir einige Tage bleiben. Der Ort ist Ausgangspunkt für kleinere Unternehmungen, u. a. für die Besichtigung der Calanais Standing Stones, dieses 4000 Jahre alte Mysterium, von Menschenhand erschaffen.

Auf dem Weg nach Stornoway wollen wir vor den Shiant Isles im Windschatten ankern, um uns etwas zu essen zu zaubern.

Bis wir dort sind, haben wir zunächst einmal den Schutz der Insel Skye verlassen. Jetzt bläst es mit 4-6 Windstärken aus südöstlicher Richtung. Zudem dringen durch die Lücke zwischen den Hebrideninseln Harris und Lewis atlantische Wellen in den Kleinen Mynch ein (so wird das Seegebiet hier bezeichnet), sodass die Fahrt jetzt recht sportliche Züge annimmt. Ein Ankern zwischen den Shiant Inseln kommt bei der unruhigen See nicht mehr in Betracht.

Im Windschatten dieser Inseln setzen wir ein 2. Reff in das Großsegel.

So kommen wir sicher voran und legen um 17:00 Uhr am Ponton in der Marina von Stornoway an.

Beim Anlegen hilft uns ein “ Officer“ des Hafenmeisters. Dieser wurde uns bei der Kontaktaufnahme per Funk mit dem Hafenmeister avisiert. Er wartet bereits an dem uns zugewiesenen Platz ind hilft beim Festmachen des Bootes.

Hier arbeiten noch Menschen beim Hafenmeister und nicht nur Zahlautomaten wie in den meisten Häfen Dänemarks. Im Gegensatz zu Portree fühle ich mich hier willkommen.

Der Hafen von Stornoway ist wichtiger Fischereihafen

Der Hafen liegt zentral in der Stadt. Stornoway ist die größte Stadt der äußeren Hebriden. Mit Fähranbindung nach Ullapool hat Stornoway auch logistische Funktionen für die Region.

Wir nutzen unseren Aufenthalt, das Schiff auf Vordermann zu bringen. In Stornoway gibt es einen sehr gut aufgestellten Bootsausstatter, bei dem ich endlich meine schon in anderen Häfen vergeblich gesuchte Dichtungsmasse erhalte. Ebenso findet sich ein Elektronikladen, der mein Ersatztablet untersucht, das sich nicht mehr laden lässt. Leider fehlt ein Ersatzteil, das sich in der Kürze unseres Aufenthaltes nicht beschaffen lässt.

Die Standing Stones von Calanais

Wir besuchen die Standing Stones von Calanais, neben Stonehenge die zweitwichtigste Fundstätte dieser vor 4000 Jahren in der Jungsteinzeit aufgestellten Steine, über deren genaue Bedeutung die Archäologen forschen.

Der Besuch ist unkompliziert, eine der wenigen Restriktionen, die Hunde doch bitte an die Leine zu nehmen, berührt uns nicht.

Von Stornoway geht es dann am nächsten Tag weiter in Richtung Pentland Firth, jener Passage zwischen Festland und den Orkney Inseln, auf die man sich tunlichst gut vorbereiten sollte.

30.6.2022 – 2.7.2022: von Rona nach Portree und zurück

Max wird heute abend an unserem verabredeten Treffpunkt in Portree ankommen – so jedenfalls die Absprache.

Um 9:20 Uhr verlasse ich diesen wunderschönen Ort – noch ahne ich nicht, dass ich in wenigen Tagen noch einmal in diesem Naturhafen werde anlegen können.

Die Reise nach Portree läuft weitgehend unter Motor – nur im letzten Drittel kommt die Genua kurz zum Einsatz.

Am Eingang der Bucht von Portree ist unübersehbar eine große Fischfarm installiert. Sie ist sogar auf der Karte eingezeinet. Mit ca. 25-30 runden Fischnetzen ist das keine kleine Farm. Die einzelnen Fischnetzstationen sind oben überwiegen mit Netzen abgedeckt – vermutlich sollen Raubvögel abgehalten werden.

In Portree mache ich einer Mooringtonne fest, die sich nahe zum Schwimmponton befindet. Mit meinem roten Dinge rudere ich zum Pier und mache mich auf die Suche nach dem Hafenmeister. Der hätte die Gebühr gerne in bar, eine Kartenzahlung sei nicht möglich. Außerdem müsse ich mein Schiff verlegen, da ich jetzt an einer fest vermieteten Tonne liege. Die Besucher Mooringe seien im hinteren abgelegenen Teil der Bucht.

Ich erkläre ihm, dass heute ein Mitsegler mit Gepäck anreist, den ich nur sehr schwer mit Gepäck in meinen Mini Ruderdingi ohne Motor quer durch die Bucht transportieren könne. Der Hafenmeister erklärt mir, dass ich zu diesem Zweck auch mit meinem Segelschiff am Schwimmponton für kurze Zeit anlegen dürfe.

Das ist schon mal gut, dass uns die nächtliche Paddeltour erspart bleibt. Ich frage noch nach den Sanitäranlagen und der Hafenmeister zeigt auf zwei Zellen im Dixikloformat, wohl etwas stabiler verbaut. Ich benötige nur kurz meine Kreditkarte zum jeweiligen Öffnen der Tür. Mich interessiert, was das denn kosten würde. „Only 50 Pence each time of use.“

Ok, die Hafengebühr kann ich nicht mit Kreditkarte zahlen, für die Toilettennutzung brauche ich zwingend eine Bankkarte.

Ich fühle mich nicht willkommen in dieser Stadt. Fahrtensegler werden nur als Durchreisende betrachtet, abgeschoben an den Hafenrand, nur mit minimalem Service versorgt.

Hier werden wir eine kürzere Zeit verbringen, als wir eigentlich geplant hatten.

Die Verkehrsverbindungen der Anreise von Max haben glücklicherweise zusammen gepasst, sodass Max um kurz nach 22:00 Uhr bei der ZERO eincheckt.

Schiffe im Hafen von Portree

Am nächsten Morgen erkunden wir die Stadt. Das geht recht zügig. Die Touristen werden mit Zügen angekarrt. Beim Gang zum Hafen werden sie mit allerlei Naturtouren geködert. Seeadler, Delfine und sogar Orkas soll es hier zu sehen geben. Im 2 Stunden Takt werden die Touristen abgefertigt. In der Gastronomie überwiegen die Fish & Chips Fastfood Angebote, natürlich gibt es auch veganes Schnellfutter. Das ganze mit angeblich kompostierbarem Plastikgeschier in komostierbaren Plastikverpackungen.

Der Hafenmeister hatte mir noch erklärt, es gäbe nur eine Mülltonne, hier im Ort gäbe es keine Mülltrennung.

Bevor wir wieder zur ZERO paddeln, machen wir einen ausgedehnten Spaziergang an der Küste entlang und zurück aufwärts in Richtung Highland und weiter wieder zum Hafen von Portree.

Die Umgebung von Portree läd zu Wanderungen ein

Wir werden morgen wieder abreisen und auf Rona eine Nacht verbringen und die Natur dort nochmal auf uns wirken lassen.

Ronas Naturhafen zum 2. Mal