3. Tag: vom Flemhuder See zur Gieselau Schleuse

Der Flemhuder See öffnet sich vom Nord-Ostsee Kanal. Mit 2 weiteren Seglerbooten fanden wir einen netten Ankerplatz.

Am nächsten Morgen gehts dann weiter auf dem NOK oder international: auf dem Kiel-Canal. Jede Menge große Pötte begleiten uns oder kommen uns entgegen. Schließlich ist der Kiel-Canal die meist befahrene künstliche Wasserstraße der Welt. Hier verkehren mehr Schiffe als auf dem Panama Kanal.

Reisen auf dem Wasser in 2 unterschiedlichen Formen.

Neben einer gewissen Industrieromantik hat das für mich den Vorteil, dass ich endlich das von mir installierte AIS System (automatisches Identifikationssystem von Schiffen) testen kann. Schließlich wollen wir auch nachts oder bei schlechter Sicht wissen, welche Ungeheuer da auf uns zukommen.

Nach einiger Konfigurationstesterei bekomme ich endlich eine Benachrichtigung vom Plotter, einem Ausgabegerät von Schiffspositionen auf Seekarten! Und siehe da, die Monster werden auch auf der Karte angezeigt!

Der Beweis: Die Schiffs-ID, der Name, die Position, die Geschwindigkeit und die Bewegungsrichtung werden angezeigt.

Die Fahrt durch den Kiel-Canal ist auch industriehistorisch interssant. Immerhin gibt es den Kanal seit über 100 Jahren. Viele Brücken für Bahn und PKW überspannen den Kanal. Teilweise sehen sie aus, wie umgelegte Eiffeltürme.

Die Eisenbahnbrücke bei Rendsburg (auch von Büdelsdorf aus zu sehen; vielen Dank für die Korrektur, Frank)

Natürlich gibt es auch neuere Brücken z.b. aus Stahlbeton. Die halten aber nicht länger als die guten alten heavy metal Brücken.

Wir finden in der Gieselau Schleuse, die den Kiel-Canal mit der Eider verbindet, einen zunächst ruhigen romantischen Übernachtunsplatz direkt vor der Schleuse. Die Schleusenanlage ist ein öffentliches Museum für Amtsschimmel. Selten habe ich so viele Verbots- und Gebotsschilder in Amtssprache gesehen wie an dieser Stelle (Das Betreten der Schleuse ist bla bla bla, Abfall nur während der Öffnungszeiten der Schleuse zu entsorgen …).

Die Klappbrücke vor der Gieselau Schleuse.

Der Spaziergang an der Eider ist traumhaft, naja, das Wetter ist immer noch grandios, seit 3 Tagen hat sich am azurblauen Himmel keine Wolke gezeigt.

Abendstimmung an der Eider.

4. Tag: von der Gieselauer Schleuse nach Brunsbüttel

Immer noch haben wir ein Bombenwetter. Das Barometer fällt zwar seit Tagen kontinuierlich, aber noch ist das Hoch ausreichend, die Wolken zu vertreiben.

Den 2. Tag in Folge bauen wir das Sonnensegel auf. Ohne Schatten würden wir bereits zu Beginn der Reise uns Verbrennungen zuziehen.

Derweil meine Cousine Eva das Schiff steuert nutze ich die Zeit, mich weiterhin um die Anbindung des AIS Systems an die Android tablets zu kümmern. Alles testen führt zu keinem positiven Ergebnis. Ich rufe die Hotline von Weatherdock, dem Hersteller des AIS Gerätes, an. Der Techniker telefoniert gerade und sie nehmen meinen Nummer für einen Rückruf auf. Tatsächlich ruft der Techniker 5 Minuten später zurück. Endlich mal eine funktionierende Hotline. Innerhalb von 2 Minuten findet sich die Lösung des Porblems. „Ihr Gerät ist erst 3 Monate alt? Da verwenden Sie die falsche IP Adresse.“ Ich bin dankbar für den Tip und vermeide, ihn darauf hinzuweisen, dass die von mir verwendete Adresse aus dem frisch runter geladenen Handbuch des Herstellers habe.

Tatsächlich funktioniert die neue IP Adresse auf Anhieb. Kaum macht mans richtig, schon funktionierts!

Alles so schön bunt hier. Klar, vor der Schleuse von Brunsbüttel brummt der Schiffsverkehr und die AIS Signale sind zahlreich. Da kann man schon mal den Überblick verlieren. Das kann sicher noch besser konfiguriert werden, ich bin aber glücklich, das meine Opencpn Kartensoftware die AIS Signale verarbeitet.

Die Kulisse unterscheidet sich kaum vohm Vortag: Brücken, dicke Pötte, Industrieromantik.

Am frühen Nachmittag erreichen wir Brunsbüttel. Eine lebendige Industriestadt mit allen Vor- und Nachteilen solch einer Infrastruktur. Es stinkt nach Raffinerie, das Atomkraftwerk gibt sich einen bunten Schornstein, die Schafe grasen im Mief der Industrie. Hoffentlich landen sie nicht als Deichwiesenlamm auf meinem Teller. Vielleicht würde es mir ja recht tun, da ich trotz des Nutztierdilemmas kein bekennender Vegetarier bin.

Schafe grasen vor den Öltanks.
Es riecht nach Schwefel, Öl und viel Geld.
Viel Industrie braucht viel Strom. Den gibt es hier reichlich durch die Kraftwerke von Brunsbüttel und Brokdorf.

Wir finden einen Liegeplatz direkt vor der Schleuse im übersichtlichen Yachthafen von Brunsbüttel.

12. -13. Tag: von Makkum nach Ijmuiden

Makkum liegt am nördlichen Rand des Ijsselmeeres. Ijmuiden hat eine Schleuse zwischen Nordsee und Nordseekanal, der durch Amsterdam fließt.

Am Morgen erledigen wir noch einige notwendige kleinere Reparaturen am Schiff.

Die Reffleine hat an einer Klampe neuen Halt gefunden.
Die Positionslampe vorne bekommt provisorisch jetzt ihren Strom von der Zuleitung zum Licht in der Nasszelle im Bad.

Ab Makkum haben wir eine Rauschefahrt gen Süden mit Winden Anfangs zwischen 4 und 5 Beaufort, später 6 bis 7, mit Böen 8 Windstärken. Wir brauchen nur eine Handtuchgröße der zusammen gerollten Genua, um mit 5-6 Knoten pro Stunde gen Süden zu rauschen.

Die Wellen sind hinter dem Abschlussdeich, also bei Makkum klein, da ihr Weg erst hier beginnt. Vor dem nächsten Deich, der das Ijsselmeer vom Markermeer trennt, sind sie steil und hochfrequent, kabbelig, typisch für das Ijsselmeer, um nach dem Deich sich wieder von 0 aus zu entwickeln.

Die Wellen haben sich bis Horn ganz schön aufgebaut.
Hier zeigt der Windmesser (kaum lesbar unten in digitaler Anzeige) 8 Beaufort Windgeschwindigkeit. Für die Nordsee gibt die Küstenwache eine Sturmwarnung aus.

Wir stoppen wir die Übernachtung in Horn, einer ehemals sehr reichen Stadt. Hiervon zeugen etliche Bauwerke, die heute topp saniert sind.

Viele Gebäude in Horn zeugen von einer vergangenen Periode großen Reichtums.
Ein Fischreiher sucht Fischreste auf einem Fischtrawler im Hafen.

Am nächsten Tag geht es von Horn aus über Amsterdam bis nach Ijmuiden in den Yachthafen auf der Nordseeseite.

Ein wunderschöner Leuchtturm auf dem Weg nach Amsterdam.
Was auf den ersten Blick aussieht wie Schornsteine sind die Füße einer Arbeitsplattform, die in der Nordsee eingesetzt wird. Die Instandhaltung erfolgt in einem Industriebereich an Amsterdam angrenzend.
Am Abend warten wir vor der Schleuse in Ijmuiden auf die Schleusung in die Nordsee.

Morgen früh wollen wir um 5.00 Uhr in Richtung England starten. Die Wetterbedingungen hierzu sind akzeptabel. Wir rechnen mit einem längeren Törn von 1-3 Tagen, je nach Verlauf.

7.6.: von Fort Augustus nach Gairlochy

Wir haben die zeitweise schaukelige Nacht gut überstanden. Unser Liegeplatz lag zu nah am offenen Loch Ness, über dass  ein kräftiger Wind doch eine unruhige, kabbelige Welle aufgebaut hat.

Am Morgen läuft der Schleusenwärter über die Pontons und teilt den einzelnen Schiffsführern mit, wann sie dran kommen. Es handelt sich hier nicht um eine Einzelschleuse sondern um eine Treppenschleuse, in der mehrere Schleusen hintereinander gesetzt sind und die Schiffe bei der Ausfahrt aus einer Schleuse bereits in der nächsten Schleusenkammer landen.

Wir wollen es heute bis zum Ende des Caledonian Canal schaffen.

Um 12:00 Uhr sollen wir an der Reihe sein.

Wir entwickeln Routine beim Schleusen.

Am Ende der Schleuse ergibt sich eine ähnliches Bild wie am Vortag. Es geht erstmal los mit einer wunderschönen Kanal- und Flusslandschaft. Es wirkt etwas wärmer und dichter als am Vortag.

Parallel zum Kanal verläuft der River Oich. Mitunter gibt es einen Austausch des Wassers zwischen  beiden Systemen.

Immer wieder öffnen sich verschiedene Verbindungen zwischen Fluss und Kanal.

Die heutige Strecke ist heimeliger und verwunschener als die gestrige. Der Wald wächst oft bis zum Rand des Kanals. Manchmal kann man den River Oich durch den Waldrand durchschimmern sehen.

Die Organisation der schottischen Kanäle vor Ort ist großartig. Man kommuniziert per Funk – in beide Richtungen.

Ein Brückenwärter hat uns angefunkt, wir würden abseits der Strecke fahren und müssten weiter links zur Boje. Ich bedanke mich für seinen Hinweis und er erklärt, es sei auch seine Aufgabe, diesen Streckenabschnitt zu überwachen.

Kurze Zeit später wissen wir diesen Hinweis nochmal besonders zu würdigen.

Da hat jemand den falschen Weg gewählt und kam nicht mehr zurück.

Für den Schleusenbetrieb ist jede Menge Personal im Einsatz. Das Kontrastprogramm zu den dänischen Hafenmeistern, die meist nur aus einem Automaten bestehen.

Diese Schleusenwärterin hat jedem Gast ein aufklebbares Sternchen geschenkt.

Am Nachmittag öffnet sich der Kanal wieder zu einem See, dem Loch Lochy. Im Gegensatz zum Loch Ness fallen die näheren Berge flacher ab und es wird Landwirtschaft betrieben. Ein idyllisches Plätzchen für Schafe.

Im Hintergrund zeigt sich Schottlands höchster Berg, ca. 1300 m. Ein Segler, den wir beim Schleusen trafen, bemerkte, dass er dort als Kind bei schottischen horizontalem Regen Ski fahren gelernt hat. Bis in den August hinein lassen sich am Berg noch Schneeflächen identifizieren.

Bis zum Abend schaffen wir es bis zur Treppenschleuse. Durch diese werden wir morgen den Caledonian Canal verlassen.

8.6.: von Gairlochy nach Corpach/Fort William

Am morgen sollen wir um 12:00 Uhr für die Treppenschleusen bereit stehen. Aus 12:00 Uhr wird dann 1:00 Uhr und dann geht es los.

Durch 8 Stufen dieser Treppenschleuse müssen wir hindurch.

Rolf L.  führt oben die Taue und ich darf unter Motor kurz in die nächste Schleuse fahren, wenn sich die Schleusentore komplett geöffnet haben.

Insgesamt hat der Caledonian Kanal 29 Schleusen. Nach der Treppenschleuse liegen noch 2 Schleusen vor uns. Die letzte Schleuse  verbindet den Kanal mit dem Meer. Wir lassen uns Tipps geben, wo wir die Nacht am besten verbringen, denn  Fort William hat gar keinen Hafen.

Wir entscheiden uns für einen Ponton gleich nach der letzten Seeschleuse.

Offensichtlich war das die richtige Wahl, denn kurze Zeit später fragt ein Segler an, ob er sich im Päckchen an unser Boot legen darf. Na klar, den Segler kennen zudemaus der Treppenschleuse.

Wir kommen schnell ins Gespräch und John hat bereits einen Tipp, wo wir jetzt noch einkaufen können. Es ist ein lauer Sommerabend und wir entschließen uns, den mitgeführten Grill zum Einsatz zu bringen.

Als wir kurze Zeit später John im Laden beim Einkaufen wiedertreffen, entschließen wir uns schnell, John zum Grillabend auf unser Boot einzuladen. John sagt zu. Wir stocken unseren Einkaufswagen auf.

Es wird ein lockerer Grillabend. John ist Fischer im Ruhestand. Sein Sohn führt den Laden weiter. John kennt in der Region jeden See, jeden Kanal und alle Meere im Umfeld. Durch den Caledonian Kanal ist John wohl bereits 30 Mal gefahren.

John wird zu unserem perfekten Planer der nächsten Segeltouren.

Wir erklären John, dass wir noch durch den Crinan Canal reisen wollen. John winkt ab. Das wäre zu zweit kaum zu schaffen, da die Reisenden die Schleusentore manuell selbst bedienen müssen. Das sei sehr, sehr anstrengend. Man könne sich gegen Bezahlung auch eine Hilfe hinzu buchen, aber in einem Tag sei das kaum zu schaffen.

Wir vertrauen auf Johns Ortskenntnisse und lassen uns die schnellste Route empfehlen. Diese führt uns über Oban zur Insel Gigha. Der nächste Step geht dann bis Bangor vor Belfast. Von dort über die Isle of man nach Liverpool. Die Strecke ist in 5 Tagen zu schaffen und die Winde hierfür sind günstig.

Wir freuen uns über diese tollen Tipps und wir genießen den Grillabend bei sommerlichem Wetter. Die beste Zeit loszufahren sei die Flut. Und die kommt um 3:00 Uhr. Die nimmt auf unseren Biorhytmus keine Rücksicht. Wir stimmen uns ab, dass wir um 3:00 Uhr aufstehen werden.

Am nächsten morgen verlassen wir gemeinsam um 3:45 Uhr diesen praktischen Liegeplatz.

18.7.: von Rye nach Calais

Am morgen müssen wir bis spätestens 6:00 Uhr ablegen, um ausreichend Wasser im Kanal zum Meer vorzufinden.

Die morgentliche Fahrt durch diesen morbiden Hafenzugang ist phantatisch.

Früh morgens nach dem Ablegen in Rye.

In Rye wirkt viekes improvisiert und aneinander gestückelt. Der trocken fallende Rand des Flusses, der zum Meer hin als Kanal begradigt ist, wirkt mitunter wie ein Schrottplatz für verwaiste Boote.

Der Zugang nach Rye wirkt morbide.Hoffentlich ist das Kernkraftwerk am Meer neben dem Zugang besser organisiert.
Hier verfällt ein ehemaliger Traum.

Der Zugangskanal ist von vielen unterschiedlichen Vögeln bevölkert. Seehunde lassen es sich auf dem schlammigen Untergrund gut gehen.

Werden die Menschen hier überhaupt noch gebraucht?

Die Tour nach Calais ist spannend, da wir den Ärmelkanal überqueren müssen. Mittendurch läuft ein Verkehrstrennungsgebiet, d.h. müssen den Kanal im 90Grad Winkel queren.

Hierbei ist das AIS System mal wieder hilfreich. Es zeigt u.a. die Geschwindigkeit der Schiffe sowie mögliche Kollisionspunkte an.

Die Sicht ist klar. Mit Augenmaß und den AIS Daten lässt sich einigermaßen gut beurteilen, durch welche Lücke der Schiffskolonne wir uns durchmogeln können.

Es ist an diesem Vormittag nicht viel los auf dem Kanal. Außerdem haben wir guten Wind, sodass wir den Kanal zur anderen Seite schnell queren können.

Wir klären telefonisch mit der Marina in Calais ab, ob eine Liegeplatz für uns möglich ist und wann die Schwingbrücke öffnet, die den inneren Hafen vom äußeren Hafen trennt.

Das timing passt perfekt zu unserer Reisegeschwindigkeit. Vor der Marina müssen wir nur kurz auf die Brückenöffnung warten.

Abends gehen wir dann die Stadt Calais erkunden.

Eine Lichtinstallation in Calais.
Mir gefällt diese Lichtinstallation gut.

Uns gefällt Calais so gut, dass wir am nächsten Tag ausschlafen wollen und erst die nachmittägliche Brückenöffnung für die Weiterreise nutzen möchten.