14.7.2022: von Peterhead nach Stonehaven

Nach der gestrigen kleinen Reparatur am Mast geht es um 5:30 Uhr weiter in Richtung Edinburgh, wo mein Mitsegler Lars am 18.7. anreisen wird.

Am Morgen ist noch ausreichend Wind, der mich mit ca. 4 Knoten die Stunde voran bringt. Dabei schiebt morgens auch die Strömung mit 1-2 Knoten mit.

Am Nachmittag muss der Motor mal wieder den Antrieb übernehmen. Der lief auf der Tour bis jetzt ca. 180 Stunden. Das belastet natürlich den ökologischen Fußabdruck. Segeln ist leider nicht durchgehend umweltschonend.

Eigentlich wollte ich heute noch ein Stück weiter kommen, aber mein persönlicher Antrieb hierzu fehlt. Die Infos aus dem Reeds Almanach zu Stonehaven klingen eher einladend, auch wenn der Hafen nur als Ausweichhafen aufgeführt wird.

Ein Anruf beim Hafenmeister klärt die Verfügbarkeit eines Liegeplatzes. Beim Eintreffen im Hafen soll ich mich per Funk melden, dann würde mir die richtige Position zugewiesen.

Um 15:50 Uhr liege ich wie vom Hafenmeister vorgesehen, längsseits an einem Fischerei Katamaran. Ich bin glücklich mit diesem relativ kurzen Segeltag und freue mich auf den Landgang.

Die Zero längsseits am Katamaran bei Flut.

Der Hafen wird gerade mit neuen Spundwänden versehen und saniert. Als einziger Gast habe ich das saubere Sanitärhäuschen für mich alleine.

Um den Hafen liegen mehrere Restaurants und Pups nebeneinander. Ich erkunde den in einer weiten Bucht liegenden Ort und entscheide mich anschließend für ein Restaurant direkt am Hafen. Auf die Bordküche habe ich immer noch keine Lust.

Nach dem leckeren Essen ziehe ich mich zurück auf die Zero.

Das innere Hafenbecken in Stonehaven läuft bei Ebbe leer.

Die Ebbe hat zwischenzeitlich den Meeresspiegel um einige Meter sinken lassen. Die Boote im inneren Hafenbecken liegen nunmehr im Sand.

Der Weg zurück auf die Zero ist jetzt anstrengend. Über leicht glitschige Stufen einer Hängeleiter geht es ca. 2,5 m in die Tiefe.

Über diese Leiter musst du gehen …

Nicht jedermans Sache, aber da ich versorglich nur ein kleines Bier getrunken habe und noch relativ beweglich bin, funktioniert der Abstieg zum Schiff.

Ich liebe diese etwas chaotischen Häfen, in denen es auch noch anderes Leben außerhalb des Bootstourismus gibt.

12.7.2022 von Wick nach Peterhead

In Wick geht Max von Bord. Ich reise zunächst in Richtung Edinburgh alleine weiter, wo Lars freundlicherweise nochmals an Bord kommt, um den langen Schlag über die Nordsee zu unterstützen.

Von Wick bis Peterhead sind es ca. 75 Seemeilen, die ich jetzt alleine bewältigen muss. Egal wann ich losfahre, es wird wenigstens teilweise eine Nachtreise. Der Hafen von Peterhead ist 7 Tage 24 Stunden geöffnet, da hier auch viel industrieller Hafenbetrieb statt findet. Ich kenne Peterhead bereits von meiner ersten England Tour.

Super früh losfahren oder später ankommen? Wir entschließen uns, noch gemeinsam zu frühstücken, sodass ich etwa gegen 10.00 Uhr ablegen kann. Max hat dann auch einen guten Anschluss an seine Reise nach Edinburgh.

Der Wind ist mir an diesem Tag kein stetiger Freund. Mal bläst er mit 3-4 Windstärken und bringt mich so ausreichend schnell voran, dann wieder unterbricht er komplett seinen Betrieb.

Am Morgen fahre ich bis zum Nachmittag an einem riesigen Windpark entlang. Die Windräder nehmen kein Ende. Der Eintrag in der neuen elektronischen Karte ist schon nicht mehr aktuell, er zeigt nicht die gesamte jetzt bebaute Fläche an. Angesichts der Klimakrise und angesichts des Ukraine Krieges freue ich mich über jedes einzelne Windrad, dass sich dort dreht.

Gegen 15:30 Uhr hat der Wind mal wieder seinen Betrieb eingestellt. Die Wellen aber sind fleißig und ohne stetigen Wind schaukeln sie die Zero unentwegt hin und her. Das häufige hoch- und runterziehen des Großsegels bin ich schon leid. Irgendwann wird der der Wind wohl wieder kommen. Das Klappern des durch die Welken hin- und hergeschwenkten Segels nehme ich zunächst in Kauf.

Die Verbindungsschiene für die Mastgleiter ist heraus gebrochen.

Plötzlich irritiert mich ein Geräusch, das etwa klingt wie „Klock“. Die Schiene zur Einführung der Segelgleiter in den Mast ist rausgefallen und liegt zum Glück mit beiden Befestigungsschrauben an Bord. Beim Versuch, die Schiene wieder fest zu schrauben muss ich feststellen, dass das nicht geht. Die Schrauben wurden während des Schiffe schaukelns einfach heraus gerissen – die Gewinde im Alumast, die die Schrauben gehalten haben, sind jetzt Schrott.

Für die heutige Weiterfahrt heisst das auch, dass ich das Groß nicht mehr einfach hoch- und runterfahren kann. Einmal runterfahren geht noch – dabei werden die Gleiter dann aus dem Mast rutschen und das Groß wird dann keine Verbindung mehr zum Mast haben.

Immerhin kann ich mit dem gerefften Groß erst einmal noch weiter fahren.

In Peterhead wird dann eine Reparatur fällig. So kann das Schiff nicht Langstrecke über die Nordsee fahren.

Gegen 20.00 Uhr hole ich die Segel ein. Jetzt gehts weiter unter Motor. Teilweise überwache ich die Fahrt von innen. Wie schon am Nachmittag, gönne ich mir einige 10 Minuten Schläfchen. Im 10 Minutentakt meldet sich dann der Wecker. Ich unterbreche den Alarm, kontrolliere das AIS Display auf andere Verkehrsteilnemer, den Kurs und den Selbststeuerungsautomaten. Wenn nichts besonderes anliegt, gönne ich mir ein weiteres Kurzschläfchen.

Gegen 2:30 nähere ich mich Peterhead. Neben den unzähligen Lichtquellen in diesem geschäftigen Hafen hat sich passend zu meiner Ankunft der Vollmond über dem Hafen aufgebaut. Es sieht phantastisch aus!

Die vielen Lichtquellen irritieren mich. Ich habe mich ordnungsgemäß per Funk bei der Hafenadministration angemeldet und die hat mir die Einfahrterlaubnis erteilt. Alles kommt mir anders vor als bei meinem Besuch vir 4 Jahren Zwischen Marina und Hafeneinfahrt scheint noch ein weiterer Pier dazu gekommen zu sein. Hatte die Marina wirklich vor 4 Jahren bereits eine eigene Einfahrt in ihren Bereich?

Der diensthabende Hafenadministrator instruiert mich noch 2 mal per Funk und ich habe die Einfahrt in die Marina gefunden. Um 2:45 Uhr ist das Boot an einem Schwimmponton vertaut und ich kann mich bald hinlegen, um ein wenig Schlaf zu erhalten.

Am Morgen melde ich nich beim Hafenmeister an. Anschließend nutze ich nochmal die Gelegenheit zum Wäsche waschen.

Auf dem Weg zur Waschmaschine begegnet mir ein Handwerker, der ein großes Metallwerkstück zu einem Schiff transportiert. Ich spreche ihn an, ob er Metallarbeiten für Schiffe macht. Er erläutert, dass er gerade eine Halterung für einen Windgenerator fertig gestellt hat, dessen Standort erhöht werden soll. Ich erkläre ihm mein Problem mit den rausgerissenen Schrauben, die durch größere ersetzt werden müssen und für die neue Gewinde in den Mast geschnitten werden müssen. Er verspricht, sich das gleich mal anzuschauen.

Diese Schiene für das Einfedeln der Mastgleiter war hersus gerissen.

Am Nachmittag ist die Wäsche gewaschen und getrocknet und die Schiene für die Segelgleiter ist wieder repariert. Ich bin sehr froh, dass die Reparatur so schnell erledigt worden ist!

Morgen früh kann es dann weiter gehen.

1.6. -2.6.: von Eyemouth nach Peterhead

In Eyemouth haben wir den Hafenmeister noch mal gebeten, die Sperrung des Forth and Clyde Canals zu verifizieren. Im Internet ist die mir mitgeteilte Störung immer noch nicht kommuniziert. An der angegebenen Telefonnummer erreicht er über Stunden niemanden.

Als wir zahlen wollen, versucht er, über einen anderen Kanal an Informationen zu gelangen. Der Kanal sei gesperrt, es seien zwei Brücken defekt, teilt es uns schließlich mit. Eine ungewöhnliche Form der Kommunikation, solch eine Information nicht über das Netz zu verbreiten.

Bei der Abreise produzieren wir schnell noch mal Hafenkino. Das Auslaufen wird bei Niedrigwasser zum Auflaufen. Und zwar mitten auf dem Fahrwasser. „Left, left, there it’s deeper.“ Ja gut, hätte ich auch gerne vorher gewusst.

Wir lassen noch einen größeren Katamaran vorbei, der eine Tauchgruppe an Bord hat. Das Wasser strömt zum Meer. Und wir liegen auf einer Sandbank. Trotz voller Schubkraft bewegt sich das Schiff kein Stück. Die ausgediente Fantadose am Grund des Wassers bewegt sich auch nicht.

Die Fischer im Katamaran nebenan sind auffällig gut gelaunt. Eis schleckende Familien gucken von oben auf unser Schiff. Gestikulierende verrentete Segler geben ihre Kommentare. Und wir machen den Motor aus. Das Wasser wird wieder kommen.

Der Film dauert über einer Stunde und jetzt heißt es, nur noch schnell tanken und dann kann es schon losgehen. Nur noch die 10 m hohe Leiter an der Kaimauer hochklettern, naja, es wachsen auch unten kaum scharfkantige Muscheln an der Leiter und der Grünbelag geht sicher wieder ab von den Händen.

Oben angekommen treffe ich unsren Hafenmeister wieder, der mit dem Fahrrad von seinem Büro ums Hafenbecken geeilt ist, um die Tankstelle zu bedienen. Also die Leiter wieder runter klettern, der Hafenmeister lässt die Zapfpistole vorsichtig am Schlauch runter und es tropft auch nur ganz wenig Dieselrest aus dem Schlauch. Dann wieder hochklettern, im Hafenbüro zahlen und eine Erklärung unterschreiben, dass man den steuerreduzierten rot eingefärbten Diesel auch bitte nur auf dem Wasser verbraucht. Den Diesel wieder abzusaugen und in ein Auto umzufüllen wäre Steuerhinterziehung und das wollen wir ja nicht.

Dann geht es endlich los.

Heute ist ein besonderer Tag in Nordengland.  Es ist sommerlich, kein Regen und kein Nebel, die Sonne scheint durch den leichten Dunst. Es windet auch kaum, sodass wir wieder mal den Motor anstellen dürfen. Wenn wir anlegen, werden wir 25 Motorstunden auf der Uhr haben.

Wir genießen die Sonne und freuen uns über warme Füße. Die hatte ich bisher eher selten. Unser elektrischer Steuermann kommt wie jeden Tag zum Einsatz und wir haben Zeit zur Muße.

Konzert für die Fische.

Wir stellen uns auf eine längere Tour ein, irgendwann müssen wir auch Seemeilen reißen, um die weiten Entfernungen zu überwinden. Auf jeden Fall wollen wir heute die Bucht vor Edinbourgh überqueren.

Der erste Hafen, den wir anlaufen können, ist Arbroath. Es ist bereits dunkel, als wir einlaufen wollen.

So wie der Tag gestartet ist, scheint er auch zuende gehen zu wollen. Im Schlamm. Richtig, wir sitzen mal wieder fest. Das Wasser läuft zwar gerade wieder auf, aber dieses Mal sind wir zu schnell gewesen. Wir müssten ca. noch 1,5 Stunden warten, um in die Hafeneinfahrt rein zu kommen. Die Zeit können wir doch besser zum Weiterfahren nutzen.

Unter Motor wühlen wir uns wieder aus der Hafeneinfahrt raus. Wir hatten bereits die Überlegung, in den nächsten Tagen eine Nacht durchzufahren, um schneller voran zu kommen. Dann ist das eben heute die Generalprobe. Einer muss sich unten entspannen können, während der andere oben den Überblick behält.

Schnell ist unten der Salon zur Nachtkoje umgebaut.

Während Rolf L. das Ausruhen probiert, halte ich Kurs auf Montrose, dem nächst gelegenen Hafen. Ordnungsgemäß melde ich mich per Funk bei der Hafenaufsicht an und bitte um Zugang, um im Hafen, der auch beim Reeds aufgeführt ist, zu übernachten. „Sorry, thats not possible, we are a commercial port and we have ship movements and can’t offer you a berth.“ Das ist der zweite Hafen, bei dem wir keinen Liegeplatz finden.

Der nächste brauchbare Hafen scheint Aberdeen zu sein. Dann müssen wir die Nachttour also schon heute durchführen. Die Generalprobe wird zur Lifeperformance. Die Bedingungen stimmen, der Himmel ist klar und wir laufen unter Motor, da der Wind für unser Ziel nicht zu gebrauchen ist. Alles gut unter Kontrolle zu halten, sofern der Motor durchhält.

In der Morgendämmerung auf den Weg nach Aberdeen.

Die Nacht verläuft gut und wir wechseln nach 4 Stunden die Rollen. So finden wir beide unsere Entspannungsphasen.

Am Morgen erreichen wir Aberdeen. Dieses Mal melden wir uns zunächst nicht bei der Hafenaufsicht. Plötzlich erfolgt auf dem Notrufkanal ein Aufruf an ein Segelschiff in Hafennähe zu Aberdeen, sich mit der Hafenaufsicht in Verbindung zu setzen. Da sind wohl wir gemeint.

„We are a commercial port and you are not allowed to enter the harbour.“ Der dritte Hafen, der uns nicht haben will.

Zwangsläufig kommen wir jetzt dazu, Seemeilen zurück zu legen.

Auch tagsüber hat jeder mal seine Ruhephase.

Am Ende des 2. Tages legen wir gegen 16.30 Ortszeit in Peterhead an. Wir haben ca. 100 Seemeielen zurück gelegt und den Motor 25 Stunden laufen lassen.

Die Marina von Peterhead liegt zwischen Chemikalienlager für die Offshore Ölplattformen etwas abseits der Stadt. Peterhead ist ebenfalls ein ehemaliger Fischerort, der irgendwie versucht zu überleben.

3.6.: von Peterhead nach Fraserburgh

Am morgen checken wir nach dem Motormarathon erst einmal die Maschine.

Wir haben gut zwischen den Chemikalientanks geschlafen.

Beim Öffnen des Motorraumes bemerken wir, dass sich unterhalb des Motors inzwischen eine beachtliche Menge an Seewasser gesammelt hat. Am Motor scheinen in dieser Höhle Salzkristalle zu wachsen. Ich befürchte schlimmes, kann denn soviel Wasser auslaufen, ohne dass Druck aus dem Motor hinzukommt? Ist denn die Zylinderkopfdichtung noch ok?

Ich konferiere mit Reinhold, einem Mitsegler für die Rückreise mit technischem Sachverstand. Die defekte Zylinderkopfdichtung scheint nicht plausibel, da weder Diesel aus den Abgasen mit ausgeführt wird, auch keine Rußpartikel im Motorraum beim Testbetrieb sichtbar sind, noch nennenswerte Ölrückstände sich in der Wasserlake unter dem Motor zeigen.

Die Montageklappe des Impellers, ein von einer Welle angetriebenes innen liegendes Gummiteil, das mit kleinen Flügeln Seewasser durch den äußeren Kühlkreislaufes des Motors schaufelt, ist knochentrocken.

Aber dahinterliegend, um diese Welle herum, tropft es. Wie das neu abzudichten ist, muss sich ein Fachmann anschauen.

Das Wasser nehmen wir mit einer Rolle Haushaltspapier auf, um am nächsten Tag zu schauen, welche Mengen da bei Motorbetrieb entstehen.

Um 13:00 Uhr Ortszeit geht die Reise weiter. Inzwischen haben wir gelernt, uns auch bei der Abreise bei der Hafenaufsicht per Funk abzumelden.

Die Arbeit am Boot hat dazu geführt, dass wir uns um die Gezeiten gar nicht kümmern konnten. Schließlich hat unsere Zeitdisposition uns den Ablegezeitpunkt vorgegeben.

Der Wind kommt mal wieder aus dem Norden.  Irgenwie müssen wir um dieses Horn, dieses Loch (Landzunge) herumkommen. Wenn die Küste zum Westen abfällt, können wir einen besseren Kurs fahren.

Aber erstmal heißt es: hart am Wind kreuzen. Es fällt schwer, Höhe zu gewinnen. Unser guter Pinnensteuerugsassistent kommt immer wieder aus dem Takt. Auch manuell ist es schwierig, die Geschwindigkeit zu halten und Höhe zu gewinnen.

Nach einer Wende und nach wenigstens 1 Stunde sehe ich aufs Display der von uns verwendeten Navigationssoftware und bin schockiert. Der aufgezeichnete Kurs zum Westen verläuft parallel in wenig Abstand zum vorherigen Kurs nach Osten. Die Strömung aus Norden  setzt uns genau um den Raum zurück, den unsere Kreuzen Aktion gewonnen hat. Da hätten wir genauso gut länger schlafen können.

Aber wir müssen den Knick um die Ecke schaffen …

Wir nehmen den Motor zu Hilfe und irgendwann ändert der Tidenstrom auch seine Richtung. Jetzt gehts schneller voran und um 23:00 Uhr haben können wir endlich in Fraserburgh anlegen.

Fraserburgh bietet einen Hafen direkt in der Altstadtkulisse.

Der Hafen von Fraserburgh liegt mitten in der Stadt. Wir liegen an einem Ponton, kommen gut an Land. Die Toiletten sind in der Seemannsmission. Im Fernsehraum im Durchgang zu der Toillette mit Dusche halten afrikanische und asiatische Seeleute Kontakt zu ihren Angehörigen und Freunden.

Wir gehen noch ein Bier trinken und werden von Gordan gleich zu einem weiteren Bier eingeladen. Die Schotten sind nett zu uns. Mit guter Bettschwere gehen wir in unsere Kojen.