26.6.2022: von Tobermory nach Mallaig

Der Sturm hat mich davon abgehalten, bereits am Vortag weiter zu reisen. Heute soll er etwas abflauen und erst am Nachmittag wieder leicht zulegen.

Betrachtet man alleine die Tide, so wäre 13:30 Uhr der beste Zeitpunkt. Dann könnten die Ausläufer des Sturms aber bereits Mallaig erreicht haben.

Ich entscheide mich dafür, möglichst früh weiter zu reisen und stelle mir den Wecker auf 6:00 Uhr.

Die nächstenTage bin ich alleine unterwegs. Maria hat ihre Rückreise bereits angetreten und Max wird erst am 30.6. in Portree auf der Insel Skye zusteigen.

Das Ablegemanöver muss ich heute ohne Hilfe bewältigen. Wie also single-handed ablegen, ohne das Boot am Ponton weiter anzuschrappen? Der immer noch kräftige Wind drückt die ZERO an den Pontonfinger. Ich lege eine schwimmbare Leine an einen in Windrichtung gelegenen Festmacher über die mittlere Klampe am Schiff nach hinten zur Winsch. Wird die Leine angezogen, soll sie die ZERO vom Pontonfinger fernhalten.

Soweit der Plan.

Ich löse vorne und hinten rechts um 6.10 Uhr die Festmacher. Aber der Rückwärtsgang entfaltet zu wenig Kraft, um das jetzt nur noch an der Schwimmleine an der mittleren Klampe hängende Bott nach hinten zu ziehen. Das Boot fängt an sich zu drehen und kommt mit dem Heck meinem linken Nachbarboot verdächtig nahe. Ich verliere mal wieder die Kontrolle und kann per Hand nur noch das Aufeinandertreffen der beiden Boote abfedern aber nicht mehr verhindern. Die ZERO hinterlässt sichtbare Streifen am Nachbarboot.

Noch im Halbschlaf kommt der Nachbar den Niedergang hoch und will mir eine gute Reise wünschen. Ich sage, „es gibt ein Problem, ich habe ihr Boot gestreift, wir müssen reden“. Ich erläutere, dass ich dazu wieder anlegen will. Er beugt sich leicht über die Reeling und sagt: „Ach, das ist nicht schlimm. Das sind ja nur oberflächliche Kratzer, alles ok.“ Er wünscht mir eine gute Reise.

Der Dialog fand auf englisch statt. Ich kann es kaum fassen, sehe aber ein, dass der Schaden vermutlich mit einer Schleifpaste und einem Lappen beseitigt werden kann. Ich atme kurz durch und nehme dann Fahrt in Richtung Hafenausfahrt auf. Winkenderweise verabschiede ich mich dabei vom netten englischen Nachbarn.

Abschied von Tobermory
Licht und Dunkelheit geben sich die Hand

Der Wind kommt heute aus südöstlicher Richtung mit 4-5 Beaufort. Da brauche ich nur die Genua etwas heraus zu lassen, um genügend Fahrt aufzunehmen. Später, wenn der Kurs nach einem Kap sich um 90 Grad ändert, werde ich ggf. das Großsegel zusätzlich verwenden.

Das besagte Kap heißt Point of Ardnamurchan. Ich halte ordentlich Abstand, bei Kaps weiß ich nie, welche Überraschungen Wind und Ströhmungen mit sich bringen.

Zunächst flaut der Wind sogar etwas ab, da wir nach einer Kursänderung jetzt etwas im Windschatten eines Berges laufen. Das währt nur kurz, da der Berg in unserer Fahrtrichtung relativ steil abfällt. Wie durch eine Düse bläst der Wind jetzt ordentlich los. Ich muss die Genua 2 x verkleinern und außerdem bald das Großsegel mit 2 Reffs setzen, damit das Boot den Winddruck nicht nur vorne abbekommt.

Die jetzt kürzeren Wellen erinnern an die Ostsee. Das Boot ist flott unterwegs und mein Steuerautomat hilft mir sehr dabei, Kurs und Beseglung fortlaufend zu beobachten.

Obwohl es gelegentlich regnet, bereitet mir dieser flotte Segeltag Freude.

Bereits um 14.00 Uhr lege ich in Mallaig an.

Im Fischereihafen von Mallaig geht es geschäftig zu.

Der Ort Mallaig ist praktisch aber etwas öde. Er profitiert vom Harry Potter Tourismus. Die Filmszenen mit der Dampflokomotive kennt jeder Harry Potter Fan. Diese Szenen wurden zwischen Fort William und Mallaig gedreht. Die Dampflokomotive verkehrt noch heute regelmäßig auf dieser Strecke und hat dem Schottland Tourismus Impulse gegeben.

2022 Segeln nach Nord Schottland

Segeln nach Schottland

Kaum liegt die ZERO in ihrem Winterlager, werden meine Überlegungen konkreter, im nächsten Jahr noch einmal eine größere Tour um Schottland zu machen. Die Herausforderung erscheint riesig – vor der Nordsee habe ich großen Respekt. Meine individuelle Konstitution ist altersbedingt nicht gerade besser geworden, aber immerhin fühle ich mich noch so fit, mich für einige Monate auf die Reise zu machen.

Meine Frau Christiane ist nicht so begeistert, dass ich wieder für längere Zeit unterwegs sein will. Wir werden aber versuchen, 2-3 Treffpunkte zu organisieren, an denen wir mehr an Land schöne Dinge unternehmen wollen. Sie schaut lieber vom Land aufs Meer.

Bei vielen mir bekannten Beziehungen von Segelpaaren ist die Leidenschaft fürs Segeln oft ungleich verteilt. Ich bin dankbar, dass meine Partnerin mir zugesteht, meiner Leidenschaft fürs Segeln gelegentlich zu folgen, auch wenn wir dann monatelang getrennte Wege gehen…

Die ersten Planungen

Ich mache mich mal wieder mit der Open Source Software OpenCPN tiefer vertraut. Einiges von dem, was ich mir vor 4 Jahren bei der Vorbereitung für die England Rundreise erarbeitet habe, muss ich erneut unter Verwendung von Handbüchern mir erneut in Erinnerung rufen. Ich will die Tourplanung für Freunde und interessierte in WordPress unter Verwendung von Google My Map zur Verfügung stellen. Klingt einfach, aber im Detail ist es mühsam:

  • OpenCPN exportiert Tourdaten im GPS Format
  • Google My Map funktioniert für den Import schon mal nicht auf meinem Android tablet
  • Der Import von Tourdaten funktioniert theoretisch auf dem PC
  • Google My Map nimmt aber keine GPS Daten zur Verarbeitung sondern erwartet ein KMZ Format; diese Daten müssen zudem auf einem Google Drive Verzeichnis verfügbar sein
  • Ich nutze Locus Map für die Konvertierung der GPS Dateien in ein KMZ Format
  • Für die dauerhafte automatische Synchonisation zwischen tablet und Google Drive nutze ich ein zusätzliches Progrämmchen DriveSync
  • Jetzt können auf dem PC die Tourdaten in einen My Map Layer importiert werden
  • Den I-Frame Code aus der Karte Kopieren und im Quellcode der WordPress Seite hinein kopieren
  • Hoffentlich läuft das beim nächsten Mal im Hintergrund und auch schneller ab.

So nun reichts mit der Technikbelehrung. Die ersten Tage der Tour sind schon mal grob geplant, für das Familientreffen zusammen mit einer befreundeten Familie wurde schon mal in Dänemark nahe Farborg ein Ferienhaus reserviert.

Die Tour um Fünen kenne ich schon ganz gut. Hier lohnt es sich, sich vorher mit einer Strömungskarte zu beschäftigen. Je nach Windrichtung hat man den Strom entweder für- oder gegen sich.

Vor Fünen werden wir einige Tage Familienurlaub einschrieben. Für die Segelreise ist das ein gemütliches Annähern an die doch teils anspruchsvollen Touren. Neben der mehrtägigen Querung der Nordsee stehen in Schottland Touren mit reichlich Strömung an – ohne die Strömung bei seiner detaillierten Planung mit einzubeziehen, kommt man nicht weit. 5 Knoten gegen ZERO ist was anderes, als wenn die ZERO 5 Knoten mit der Strömung fährt.

Überlegungen zu Routen um Schottland

Die Reise nach Schottland geht nicht ganz um Schottland. Glasgow und Edinburgh werden gewissermaßen „ausgespart“. Ich begrenze mich im Süden auf die Linie des Caledonean Canals, möchte die Insel Mull im Norden passieren, die Hybriden sowie die Orkney Inseln und die Shetland Inseln bereisen.

Die grundsätzliche Frage ist zunächst: links herum oder rechts herum? Also erst über Norwegen zu den Shetland Inseln, den Orkney Inseln und dann an der Westküste der Inneren Hybriden in Richtung Mull und zurück durch den Caledonian Kanal?

Diese Route hat im Wesentlichen mein großes Segelidol Wilfried Erdmann gewählt, als er im Sommer 2016 mit seiner Frau Astrid auch noch die Färöer Inseln mit als Ziel auf dem Zettel hatte.

Färöer ist mir zu weit und mag ich meiner 8,40 m ZERO nicht zumuten.

Für die Entscheidungsfindung der groben Richtung (Links oder rechts rum) befasse ich mich mit Klimadaten. Sehr hilfreich ist da ein PlugIn „Climatology“ für das von mir genutzte Kartentool OpenCPN . Hier werden anhand historischer Winddaten Windrichtungswahrscheinlichkeiten visualisiert.

Windrichtungswahrscheinlichkeiten und -stärken im Monat Mai

Die Zahl im Kreis gibt die durchschnittliche Windgeschwindigkeit an. Je länger die Strahlen um den Mittelpunktkreis, desto wahrscheinlicher kommt der Wind aus Richtung des Strahls.

Im Monat Mai bereits ist die vorherrschende Windrichtung aus Südwest. Weiter nördlich ist der Wind ca. 2 Beaufort kräftiger.

Wenn ich also „links“ herum reise, muss ich häufiger gegen den kräftigeren Wind im Norden ansegeln.

Ich entscheide mich deshalb, die Reise „rechts herum“ zu planen. Die Strecke durch den Caledonian Canal ist in weiten Teilen unter Motor zurück zu legen. Da kann der Wind dann auch mal von vorne kommen. An den inneren Hybriden kommt bei dieser Tourplanung der Wind häufiger günstiger von achtern, ebenso beim Besuch der Orkney Inseln und der Shetland Inseln. Auch für die Rückreise ggf. über Norwegen erwarte ich hier häufiger halben Wind aus südwestlicher Richtung.

Die Route um Skagen scheint naheliegend zu sein. Skagen soll ein Sehnsuchtsort sein, was ich nicht beurteilen kann, da ich dort noch nie war. Allerdings kann es im Skagerrak auf dem Meer recht ungemütlich werden, wenn Strömung und Wind gegeneinander laufen. Da muss dann alles stimmen, das Material und die Crew und die Bereitschaft, eine kabbelige See für einige Stunden auszuhalten.

Alternativ kommt der Limfjord in Frage, eine Verbindung zwischen Ost- und Nordsee, die sich auf der Höhe von Aalborg durchs Land schlingelt. Thyboron an der Pforte zur Nordsee ist ein gern genutzter Ausgangshafen für eine Direktquerung nach Schottland.

Ich entscheide mich für die Route durch den Limfjord.

Die erste Etappe dieser Reise endet in Oban. Von hier aus geht es dann weiter in Richtung innere und äußere Hebriden.

Zeitplan für die Etappe 1 bis Oban


13.05.2021 Abschiedsumtrunk
14.05.2021 Abreise Kiel
16.05.2021 Boyden
22.05.2021 Aarhus
25.05.2021 Aalborg (Zustieg Lars)
28.05.2021 Tyboron
03.06.2021 Peterhead
07.06.2021 Inverness
16.06.2021 Hafentage Inverness (Zustieg Maria am 15.6.)
18.06.2021 Fort William
19.06.2021 Oban

Die 2. Etappe ist durchgeplant!

Nach weiterer Beschäftigung mit der Schottland Reise habe ich mir die schönsten Anlaufpunkte ausgesucht. In Oban wird es eine Etappenpause von 3 Tagen geben. Immerhin gibt es in Oban auch kulinarisch einiges zu entdecken, so einen wunderbaren Whiskey, von dem ich bei meiner letzten Reise länger gezehrt habe. Außerdem ist Oban für frischen Fisch und Meeresfrüchte. Da werde ich wohl einige Kompromisse mit meinen guten Vorsätzen machen müssen, weniger Fisch zu verzehren.

Von Oban geht es weiter zu den inneren Hebriden. In Portree auf der Insel Skye wird es einen Wechsel der Mitsegler geben.

Von Portree aus geht es zu den äußeren Hebriden. Hier bin ich mit einem Bekannten über Instagram in Stornoway verabredet, der mich sicherlich die Highlights der Insel Lewis einführen wird.

Von den äußeren Hebriden geht es dann über die Stationen Kinlochbervie und Loch Eribol nach Scrabster vor den Orkney Inseln weiter.

Hier der Zeitplan:

19.06.2021 Oban
22.06.2021 Oban Pause
24.06.2021 Tobermory
26.06.2021 Eigg
30.06.2021 Skye Portree
02.07.2021 Skye Portree Pause
05.07.2021 Stornoway
10.07.2021 Stornoway Pause
11.07.2021 Kinlochbervie
12.07.2021 Loch Eribol
13.07.2021 Scrabster