26.6.2022: von Tobermory nach Mallaig

Der Sturm hat mich davon abgehalten, bereits am Vortag weiter zu reisen. Heute soll er etwas abflauen und erst am Nachmittag wieder leicht zulegen.

Betrachtet man alleine die Tide, so wäre 13:30 Uhr der beste Zeitpunkt. Dann könnten die Ausläufer des Sturms aber bereits Mallaig erreicht haben.

Ich entscheide mich dafür, möglichst früh weiter zu reisen und stelle mir den Wecker auf 6:00 Uhr.

Die nächstenTage bin ich alleine unterwegs. Maria hat ihre Rückreise bereits angetreten und Max wird erst am 30.6. in Portree auf der Insel Skye zusteigen.

Das Ablegemanöver muss ich heute ohne Hilfe bewältigen. Wie also single-handed ablegen, ohne das Boot am Ponton weiter anzuschrappen? Der immer noch kräftige Wind drückt die ZERO an den Pontonfinger. Ich lege eine schwimmbare Leine an einen in Windrichtung gelegenen Festmacher über die mittlere Klampe am Schiff nach hinten zur Winsch. Wird die Leine angezogen, soll sie die ZERO vom Pontonfinger fernhalten.

Soweit der Plan.

Ich löse vorne und hinten rechts um 6.10 Uhr die Festmacher. Aber der Rückwärtsgang entfaltet zu wenig Kraft, um das jetzt nur noch an der Schwimmleine an der mittleren Klampe hängende Bott nach hinten zu ziehen. Das Boot fängt an sich zu drehen und kommt mit dem Heck meinem linken Nachbarboot verdächtig nahe. Ich verliere mal wieder die Kontrolle und kann per Hand nur noch das Aufeinandertreffen der beiden Boote abfedern aber nicht mehr verhindern. Die ZERO hinterlässt sichtbare Streifen am Nachbarboot.

Noch im Halbschlaf kommt der Nachbar den Niedergang hoch und will mir eine gute Reise wünschen. Ich sage, „es gibt ein Problem, ich habe ihr Boot gestreift, wir müssen reden“. Ich erläutere, dass ich dazu wieder anlegen will. Er beugt sich leicht über die Reeling und sagt: „Ach, das ist nicht schlimm. Das sind ja nur oberflächliche Kratzer, alles ok.“ Er wünscht mir eine gute Reise.

Der Dialog fand auf englisch statt. Ich kann es kaum fassen, sehe aber ein, dass der Schaden vermutlich mit einer Schleifpaste und einem Lappen beseitigt werden kann. Ich atme kurz durch und nehme dann Fahrt in Richtung Hafenausfahrt auf. Winkenderweise verabschiede ich mich dabei vom netten englischen Nachbarn.

Abschied von Tobermory
Licht und Dunkelheit geben sich die Hand

Der Wind kommt heute aus südöstlicher Richtung mit 4-5 Beaufort. Da brauche ich nur die Genua etwas heraus zu lassen, um genügend Fahrt aufzunehmen. Später, wenn der Kurs nach einem Kap sich um 90 Grad ändert, werde ich ggf. das Großsegel zusätzlich verwenden.

Das besagte Kap heißt Point of Ardnamurchan. Ich halte ordentlich Abstand, bei Kaps weiß ich nie, welche Überraschungen Wind und Ströhmungen mit sich bringen.

Zunächst flaut der Wind sogar etwas ab, da wir nach einer Kursänderung jetzt etwas im Windschatten eines Berges laufen. Das währt nur kurz, da der Berg in unserer Fahrtrichtung relativ steil abfällt. Wie durch eine Düse bläst der Wind jetzt ordentlich los. Ich muss die Genua 2 x verkleinern und außerdem bald das Großsegel mit 2 Reffs setzen, damit das Boot den Winddruck nicht nur vorne abbekommt.

Die jetzt kürzeren Wellen erinnern an die Ostsee. Das Boot ist flott unterwegs und mein Steuerautomat hilft mir sehr dabei, Kurs und Beseglung fortlaufend zu beobachten.

Obwohl es gelegentlich regnet, bereitet mir dieser flotte Segeltag Freude.

Bereits um 14.00 Uhr lege ich in Mallaig an.

Im Fischereihafen von Mallaig geht es geschäftig zu.

Der Ort Mallaig ist praktisch aber etwas öde. Er profitiert vom Harry Potter Tourismus. Die Filmszenen mit der Dampflokomotive kennt jeder Harry Potter Fan. Diese Szenen wurden zwischen Fort William und Mallaig gedreht. Die Dampflokomotive verkehrt noch heute regelmäßig auf dieser Strecke und hat dem Schottland Tourismus Impulse gegeben.

20.6.2022 – 25.6.2022: Oban Aufenthalt und weiter nach Tobermory

Oban Hafen

Wer Oban als Ziel einer Segelreise einplant, sollte zusätzliche Hafentage mit planen. Die Stadt ist quirlig und ein großer Kontrast zur Abgeschiedenheit der wenigen Siedlungen am Caledonian Canal.

Oban ist Verkehsknotenpunkt zwischen Glasgow und Edinburgh und Ausgangspunkt zur Anreise unterschiedlicher schottischer Inseln. Bahnhof, Busbahnhof und Anleger für Fähren liegen im Ostteil des Hafens nebeneinander.

Stadthafen von Oban
Der Stadthafen von Oban

Der Ort schmiegt sich um den Naturhafen an die hügelige Landschaft. Der Hafen ist durch vorgelagerte Inseln geschützt.

Oban vermarket sich touristisch auch erfolgreich als Meeresfrüchte Hauptstadt Schottlands. Wer Austern mag, wird Oban lieben. Nirgends in Europa habe ich so große und frische Austern gesehen. Die Wachstumsbedingungen müssen hier günstig sein. Die starke Strömung des Meeres spült täglich frisches Wasser über den Sound of Mull in die Anbaugebiete der Austern.

Wir liegen mit der ZERO an den Pontons der Nordmole. Für einen kurzen Stadtaufenthalt ist dieser Standort ideal.

Nach 3 Tagen Aufenthalt steht der Wind einigermaßen günstig zur Weiterreise nach Tobermory. Wir legen gegen 8:00 Uhr ab, um die Strömung von 1-3 Knoten möglichst lang auf unserer Seite zu haben. Bereits um 13:45 Uhr legen wir am Pontonhafen in Tobermory an.

Vom Landschaftsbild sind Oban und Tobormory vergleichbar. Beide Häfen sind durch vorgelagerte Inseln gut geschützt und beide Orte schmiegen sich um die Häfen am Berg an.

Tobermory mal bunt
Fischereiboote lehnen sich an die Kaimauer. Auf der Kaimauer stapeln sich die Hummerkörbe

Während in Oban die Stadt eher traditionell in Grautönen gehalten ist, bietet die Hafenmeile von Tobermory ein buntes Bild in Pastelltönen, das mich eher an Amsterdam als an Schottland erinnert. Die Struktur des Hafens mit seinen vielzähligen Mooringen (Festmachern vor den Schwimmstegen) unterstreicht dieses bunte Bild.

Tobermory läd zu Spaziergängen ein. Wir laufen den nördlich Küstenweg, der an dem Hafen gegenüberliegenden Ende der Hafenmole beginnt. Er führt zu einem Leuchtturm, der den Beginn der Bucht von Tobormory markiert.

Unterwegs gibt es eine Selbstbedienungskiste mit heute frisch geernteten Austern. Diese scheinen in schwarzen geschlossenen Plastikgefäßen in der Form eines sehr großen Fenders gezüchtet zu werden. Jedenfalls ist der Zutritt zum Standort dieser Gefäße strikt verboten. Sie scheinen miteinander verbunden zu sein. Das Ergebnis der Zucht wird in einer gekühlten Kiste zum Preis von 1.- Pfund pro Auster in ehrlicher Selbstbedienung und Selbstzahlung angeboten.

Austern Selbtbedienung
Die ehrliche und kostengünstige Selbstbefienung von Austern im Wald.
Austern im Wald zur Selbstbedienung.
Ein kleiner Laden mit Waren, Kühlung, Kasse und Wechelgeld

Weiter geht es in Richtung Leuchtturm.

Leuchtturm Tobermory
Der Leuchtturm vor Tobermory

Bis in die 60ger Jahre wurde der Leuchtturm durch einen Leuchtturmwärter betrieben. Der Leuchtturmwärter bezog seine Dienstwohnung direkt neben dem Leuchtturm und kontrollierte von dort die Funktionsfähigkeit dieses Seezeichens. Dann wurde der Betrieb automatisiert. Die ehemalige Leuchtturmwärterwohnung wird jetzt als Ferienwohnung vermietet.

Tobormory Blick aufs Wasser
Tobormory Blick aufs Wasser nahe zum Leuchtturm

Da uns dieser Spaziergang so gut gefallen hat, gehen wir am nächsten Morgen den Küstenweg, der direkt an den Pontons beginnt und bis zu einer derzeit gesperrten Mole mit Mühle führt.

Es wird aber an einem Konzept gearbeitet, die Gesamtanlage zu restaurieren und dort Raum für Freizeitaktivitäten zur Verfügung zu stellen.

Auch dieser Wanderweg ist faszinierend. Immer wieder gibt es Blicke durch den Bewuchs auf die Bucht von Tobermory.

Blicke auf Tobormory
Wandern bei Tobormory

Oder gelegentlich auch mal einen Wasserfall.

Wasserfall bei Tobormory
Wasserfall bei einer Wanderung bei Tobormory.

Insgesamt macht die Natur hier einen gesunden Eindruck. Es gibt eine hohe Artenvielfalt.

Morgen beginnt bei Maria die Rückreise. Sofetn es das Wetter zulassen wird, werde ich ebenfalls Tobermory morgen verlassen.

19.6.2022: von Neptun’s Staircase nach Oban

Wir planen, möglichst bald durch die große Schleusenanlage Neptun’s Staircase durchzukommen, damit wir auf dem Weg nach Oban noch länger den Strom mit uns haben. Ab 10.12 Uhr läuft in Oban das Wasser ab. Dissen ablaufenden Wasserfluss wollen wir nutzen.

Bei der Schleusenabfertigung gilt die Grundsätze: zuerst die kommerziellen Schiffe, ansonsten die großen Schiffe vor den kleinen Schiffen. In der Schleusenkammer ist es vorne im Regelfall unruhiger, da dort das Wasser in die Schleusenkammer eingelassen wird.

Auf meine Funkanfrage zur Abfertigung hat das Schleusenwärterteam leider nicht reagiert. Ich spreche Peter, der vor uns mit seinem Segelschiff am Ponton liegt, daraufhin an. Peter haben wir schon mehrfach in den Schleusen und an Wartepositionen an Pontons getroffen und uns bereits gut unterhalten. Er schätzt die Situation so ein, dass wir an einem weiter vorne gelegenen Ponton Position einnehmen sollen, um schneller auf geänderte Situationen reagieren zu können. Zugleich bietet er uns seine Hilfe bei der Schleusung an, die wir gerne annehmen.

Dann erfährt Peter, dass das kommerzielle Schiff zuerst durch die erste Schleusenkammer laufen soll, die danach zeitnah für die Hobbysegler bereit gestellt werden kann. Bereits um 8:15 Uhr ist es soweit, dass für uns mit 5 andeen Seglern der Abstieg durch 9 Schleusenkammern von Neptun’s Staircase beginnen kann.

Bei Neptun’s Staircase werden die Boote in der Regel von einem Crewmitglied und einem Schleusenwärter von Schleusenkammer zu Schleusenkammer gezogen. Heute am Sonntag scheint das Team eher schmal besetzt zu sei , sodass sich alle über Peters Hilfe freuen.

Kurze Zeit später ergänzt Martin, der Migsegler von Peter unser Team. Wir unterhalten uns lange und alles geht stressfrei von der Hand.

Maria am Steuer in einer der 29
Schleusrnkammern des Caledonian Canals

Nach etwa 90 Minuten haben wir mit der Hilfe unserer schottischen Seglerbekanntschaften die große Schleusenanlage hinter uns gelassen. In wenigen Kilometern gehts dann noch durch eine Doppelschleuse und anschließend durch die Sealock von Corpach, die den kaledonischen Kanal mit dem offenen Meer verbindet.

Dieses mal müssen wir es ohne fremde Hilfe schaffen. Der Wind hat bereits gut zugelegt und prompt passiert uns in der Sealock das nächste Maleur. Der Schleusenwärter ist gerade an der Backbordseite der Schleuse beschäftigt, als wir einlaufen. Ich bekomme beim Ausstieg wieder nur den vorderen Festmacher zu fassen und leider schiebt der Wind unser Schiff hinten bereits um den fixierten vorderen Festmacher in die Schleusenmitte, bevor ich eingreifen kann. Zum Glück ist unser Schiff nur 8,60m lang und kreist um die Vorderachse haarscharf am gegenüber festgemachten Segler vorbei. Zusammen mit dem herbeigeeilten Schleusenwärter gelingt es uns, die Zero wieder in die richtige Position zu bringen, ohne ein anderes Schhiff zu berühren.

Puh, dass jst nochmal gut gegangen. Der erneute Kontrollverlust über die Zero macht mich nachdenklich.

Dann haben wir es endlich geschafft. Uns trennt jetzt keine Schleuse mehr vom offenen Meer.

Bei 4-5 Bft Windstärken und mit dem Strom segeln wir nach Oban. Um 17.30 Uhr machen wir am mitten in der Stadt gelegenen Nordpier fest.

19.5.2022 von Kerteminde nach Kolby Kaas auf Samsoe

Zero in Kolby Kaas

Bei wenig Wind und kaum Welle fahren wir überwiegend unter Motor zur Insel Samsoe. Es sind ideale Bedingungen für Rainer, sich von seiner Seekrankheit zu erholen. Die Fahrt verläuft wie erwartet ruhig.

Unser Zielhafen Kolby Kaas an der Ostküste von Samsoe ist funktional und nicht romantisch. Die Flächen sind mit Beton versiegelt. Nur wenige Boote haben an den Liegeplätzen festgemacht. Eine Tür zwischen zwei Gewerbehallen verheißt den Weg zum Strand.

Der Weg zum "Strand".
Der Weg zum Strand im Hafen von Kolby Kaas

Die Verheißung führt über eine Holztreppe, die ein Röhrensystem überbrückt, zunächst zu einem Steinstrand. Das Röhrengewusel scheint die Tanks hinter den Hallen mit dem Hafen zu verbinden.

Ein Spaziergang über die andere Hafenseite hinaus führt uns zu versöhnlichere Strandabschnitten. Es gibt zwar keinen Sandstrand aber immerhin 2 Holzstege, die den Schwimmern eine Chance geben ins Meer zu kommen, ohne den Steinstrand und den Seetang durchwaten zu müssen.

Wir halten Einkehr bei einem kleinen Kiosk vor einem Campingplatz und erfreuen uns an einem frischen Getränk. Die Bezahlung gestaltet sich als schwierig, da wir keine dänischen Kronen dabei haben und das Kiosk über kein Kartenlesegerät für eine elktronische Zahlung verfügt.

Die von der Kioskbetreiberin vorgeschlagene Lösung ist praktikabel. „Kommt doch morgen vorbei und bezahlt dann.“ Wir freuen uns über das uns entgegengebrachte Vertrauen. Schon häufiger habe ich die Erfahrung gemacht, dass je ärmer die Umgebung ist, desto freundlicher sind die Menschen.

Am Abend holen Rainer und ich unsere mitgebrachten Reisegitarren aus ihren Taschen. Es ist ein Moment, auf den ich mich lange gefreut habe. Wir spielen zusammen und führen intensive Gespräche.

Seit nunmehr fast 50 Jahren sind wir aus Studienzeiten miteinander eng befreundet. Die Themenscherpunkte unserer Gespräche haben sich geändert. Immer stand auch sehr persönliches im Focus.

Für den morgigen Tag nehmen wir uns vor, mit einem Leihrad den südlichen Teil von Samsoe zu erkunden.

Das Leihrad erhalten wir beim Kiosk, bei dem wir auch unsere Schuld von gestern begleichen.

Die Fahrradtour führt uns zunächst zur Inselhaupstadt Tranebjerg. Hier decken wir uns bei einem Geldautomaten mit dänischen Kronen ein. Im Tourismusbüro und im Café begegnen uns sehr freundliche und hilfsbereite Menschen.

Wir fahren weiter zur Hafenstadt Ballen an der Ostküste. Hier begegnet uns ein Kontrastprogramm zu Kolby Kaas. Ballen liegt am Ende einer langezogenen Ostssebucht mit feinsandigen Strandabschnitten. Im Ort und im Hafen reihen sich zahlreiche Restaurants aneinander.

Wir genießen ein ausgezeichnetes Smørrebrød mit Frühkartoffeln, das kunstvoll mit Ei, Fenchel und anderen Zutaten garniert ist.

Bunte Landschaft auf Samsoe
Rapsfeld auf Samsoe

Auf dem Rückweg mit dem Fahrrad fällt uns die Vielfalt von unterschiedlichsten Gemüsesorten auf, die hier angebaut werden. Rote Beete, Bohnen, Erbsen und Rhabarber sind nur einige der von uns identifizierten Sorten. Die Landschaft mit den jetzt gelb leuchtenden Rapsfeldern setzt sich erfreulich ab von den in Deutschland häufig anzutreffenden Mais Monokulturen.

Der Abend im Schiff klingt nochmals mit Gitarrenklängen aus.

14.5.2022 von Kiel Stickenhörn nach Marstal

Um 9:40 Uhr ist es dann soweit: wir legen ab. Ein frischer Wind der Stärke 4-5 aus westlicher Richtung soll uns heute bis Marstal auf der dänischen insel Aerœ bringen. Wir starten bei leicht bewölktem Himmel, im Laufe des Tages wird sich die Sonne noch durchsetzen.

Die Nacht war ganz schön frisch. Trotz Bettdecke und leichter Überdecke habe ich zunächst gefroren und musst mir wärmere Wäsche anziehen, um gemütlich wieder einzuschlafen.

Noch in der Kieler Förde setzen wir die Segel. Ich entscheide mich, ein Reff im Großsegel zu binden und wir rollen die Genua nur zu 2/3 aus. Das reicht bei diesem Wind, um uns mit 5 -6 Knoten zügig über das Wasser zu bringen. Mein Mitsegler Armine, der heute zum ersten Mal segelt, schlägt sich tapfer beim Kurs halten an der Pinne.

Später testen wir dann die neue Selbststeuerungsanlage, die den Kurs hält, aber 20 Grad weniger als unser Kompass anzeigt. Sie muss sich noch kalibrieren.

Es ist ein perfekter Segeltag mit gutem Wind aus der richtigen Richtung bei überwiegend sonnigem Wetter. Das Boot rauscht durchs Wasser und schaukelt trotz ordentlichem Wellengang nur wenig.

Vor Aerœ frischt der Wind nochmal auf. Das Bergen der Segel fordert uns heraus. Die Genua lässt sich nur mühsam bändigen. Sie wird durch den kräftigen Wind jetzt fester und enger eingerollt, sodass das in der Rolle vorgehaltene Tau am Ende nicht mehr ausreicht, sie komplett einzurollen. Ich muss aufs Vordeck und Segel per Hand einige Male um die Rolle zu schlagen und es mit einem Tau zu fixieren.

Beim Anlegemanöver bieten wir dem hilsbereiten Publkum ein unterhaltsames Hafenkino. Die Gästeboxen stehen leider queer zum Wind. Beim legen der Festmacher über die hinteren Poller wird das Schiff bereits quer zu den recht leeren Boxen gedrückt. Unter Motor gelingt es mir nicht, vorwärts wieder gerade in die Box zu kommen. Unsere Zuschauer winken mit einer Leine, die sie uns zuwerfen wollen. Ok, wir freuen uns über diese Hilfe. Die Leine kommt geflogen und landet bereits beim ersten Versuch auf unserem Schiff. Ich applaudiere bereits, und stelle erst dann fest, das das Ende der Leine auf Seiten des Werfenden leider dem Helfenden entglitten ist und nun im Wasser gelandet ist. Ok, dann holen wir die Leine eben an Bord und werfen sie zurück – natürlich mit gesichertem Ende am Schiff. Nach 3 gescheiterten Wurfversuchen von Armine und mir machen uns die Zuschauer mit dem Zuruf „Ihr habt noch 18 Versuche!“ richtig Mut.

Wir wollen die Geduld unserer etwas gewachsenen Fan- und Helfergemeinde nicht überstrapazieren und entscheiden uns nun, die fürs Heck vorgesehenen Festmacher nach vorne zu verlegen und Rückwärts mit dem Heck anzulegen. Das klappt dann relativ zügig. Ich bedanke mich bei der Seglergemeinschaft. Da setzt der wurfgewandte Helfer seine Sonnenbrille ab und ruft: „Erkennst du mich denn nicht? Ich bin Dennis!“ Da klickt es bei mir. Richtig, Dennis habe ich vor 5 Jahren auf der Rückreise aus Kopenhagen kennen gelernt. Wir waren mit anderen Seglern in Klintholm eingeweht und konnten den Hafen für 3 Tage nicht verlassen.

Ich fühle mich in der Seglergemeinschaft aufgehoben. Der Abend klingt aus mit einem Essen mit Armine in einem kleinen Restaurant in Marstal und einem anschließendem Bier auf dem Schiff von Dennis. Trotz kleiner Pannen ein gelungener Einstieg in die Segelreise um Schottland.

2022 Segeln nach Nord Schottland

Segeln nach Schottland

Kaum liegt die ZERO in ihrem Winterlager, werden meine Überlegungen konkreter, im nächsten Jahr noch einmal eine größere Tour um Schottland zu machen. Die Herausforderung erscheint riesig – vor der Nordsee habe ich großen Respekt. Meine individuelle Konstitution ist altersbedingt nicht gerade besser geworden, aber immerhin fühle ich mich noch so fit, mich für einige Monate auf die Reise zu machen.

Meine Frau Christiane ist nicht so begeistert, dass ich wieder für längere Zeit unterwegs sein will. Wir werden aber versuchen, 2-3 Treffpunkte zu organisieren, an denen wir mehr an Land schöne Dinge unternehmen wollen. Sie schaut lieber vom Land aufs Meer.

Bei vielen mir bekannten Beziehungen von Segelpaaren ist die Leidenschaft fürs Segeln oft ungleich verteilt. Ich bin dankbar, dass meine Partnerin mir zugesteht, meiner Leidenschaft fürs Segeln gelegentlich zu folgen, auch wenn wir dann monatelang getrennte Wege gehen…

Die ersten Planungen

Ich mache mich mal wieder mit der Open Source Software OpenCPN tiefer vertraut. Einiges von dem, was ich mir vor 4 Jahren bei der Vorbereitung für die England Rundreise erarbeitet habe, muss ich erneut unter Verwendung von Handbüchern mir erneut in Erinnerung rufen. Ich will die Tourplanung für Freunde und interessierte in WordPress unter Verwendung von Google My Map zur Verfügung stellen. Klingt einfach, aber im Detail ist es mühsam:

  • OpenCPN exportiert Tourdaten im GPS Format
  • Google My Map funktioniert für den Import schon mal nicht auf meinem Android tablet
  • Der Import von Tourdaten funktioniert theoretisch auf dem PC
  • Google My Map nimmt aber keine GPS Daten zur Verarbeitung sondern erwartet ein KMZ Format; diese Daten müssen zudem auf einem Google Drive Verzeichnis verfügbar sein
  • Ich nutze Locus Map für die Konvertierung der GPS Dateien in ein KMZ Format
  • Für die dauerhafte automatische Synchonisation zwischen tablet und Google Drive nutze ich ein zusätzliches Progrämmchen DriveSync
  • Jetzt können auf dem PC die Tourdaten in einen My Map Layer importiert werden
  • Den I-Frame Code aus der Karte Kopieren und im Quellcode der WordPress Seite hinein kopieren
  • Hoffentlich läuft das beim nächsten Mal im Hintergrund und auch schneller ab.

So nun reichts mit der Technikbelehrung. Die ersten Tage der Tour sind schon mal grob geplant, für das Familientreffen zusammen mit einer befreundeten Familie wurde schon mal in Dänemark nahe Farborg ein Ferienhaus reserviert.

Die Tour um Fünen kenne ich schon ganz gut. Hier lohnt es sich, sich vorher mit einer Strömungskarte zu beschäftigen. Je nach Windrichtung hat man den Strom entweder für- oder gegen sich.

Vor Fünen werden wir einige Tage Familienurlaub einschrieben. Für die Segelreise ist das ein gemütliches Annähern an die doch teils anspruchsvollen Touren. Neben der mehrtägigen Querung der Nordsee stehen in Schottland Touren mit reichlich Strömung an – ohne die Strömung bei seiner detaillierten Planung mit einzubeziehen, kommt man nicht weit. 5 Knoten gegen ZERO ist was anderes, als wenn die ZERO 5 Knoten mit der Strömung fährt.

Überlegungen zu Routen um Schottland

Die Reise nach Schottland geht nicht ganz um Schottland. Glasgow und Edinburgh werden gewissermaßen „ausgespart“. Ich begrenze mich im Süden auf die Linie des Caledonean Canals, möchte die Insel Mull im Norden passieren, die Hybriden sowie die Orkney Inseln und die Shetland Inseln bereisen.

Die grundsätzliche Frage ist zunächst: links herum oder rechts herum? Also erst über Norwegen zu den Shetland Inseln, den Orkney Inseln und dann an der Westküste der Inneren Hybriden in Richtung Mull und zurück durch den Caledonian Kanal?

Diese Route hat im Wesentlichen mein großes Segelidol Wilfried Erdmann gewählt, als er im Sommer 2016 mit seiner Frau Astrid auch noch die Färöer Inseln mit als Ziel auf dem Zettel hatte.

Färöer ist mir zu weit und mag ich meiner 8,40 m ZERO nicht zumuten.

Für die Entscheidungsfindung der groben Richtung (Links oder rechts rum) befasse ich mich mit Klimadaten. Sehr hilfreich ist da ein PlugIn „Climatology“ für das von mir genutzte Kartentool OpenCPN . Hier werden anhand historischer Winddaten Windrichtungswahrscheinlichkeiten visualisiert.

Windrichtungswahrscheinlichkeiten und -stärken im Monat Mai

Die Zahl im Kreis gibt die durchschnittliche Windgeschwindigkeit an. Je länger die Strahlen um den Mittelpunktkreis, desto wahrscheinlicher kommt der Wind aus Richtung des Strahls.

Im Monat Mai bereits ist die vorherrschende Windrichtung aus Südwest. Weiter nördlich ist der Wind ca. 2 Beaufort kräftiger.

Wenn ich also „links“ herum reise, muss ich häufiger gegen den kräftigeren Wind im Norden ansegeln.

Ich entscheide mich deshalb, die Reise „rechts herum“ zu planen. Die Strecke durch den Caledonian Canal ist in weiten Teilen unter Motor zurück zu legen. Da kann der Wind dann auch mal von vorne kommen. An den inneren Hybriden kommt bei dieser Tourplanung der Wind häufiger günstiger von achtern, ebenso beim Besuch der Orkney Inseln und der Shetland Inseln. Auch für die Rückreise ggf. über Norwegen erwarte ich hier häufiger halben Wind aus südwestlicher Richtung.

Die Route um Skagen scheint naheliegend zu sein. Skagen soll ein Sehnsuchtsort sein, was ich nicht beurteilen kann, da ich dort noch nie war. Allerdings kann es im Skagerrak auf dem Meer recht ungemütlich werden, wenn Strömung und Wind gegeneinander laufen. Da muss dann alles stimmen, das Material und die Crew und die Bereitschaft, eine kabbelige See für einige Stunden auszuhalten.

Alternativ kommt der Limfjord in Frage, eine Verbindung zwischen Ost- und Nordsee, die sich auf der Höhe von Aalborg durchs Land schlingelt. Thyboron an der Pforte zur Nordsee ist ein gern genutzter Ausgangshafen für eine Direktquerung nach Schottland.

Ich entscheide mich für die Route durch den Limfjord.

Die erste Etappe dieser Reise endet in Oban. Von hier aus geht es dann weiter in Richtung innere und äußere Hebriden.

Zeitplan für die Etappe 1 bis Oban


13.05.2021 Abschiedsumtrunk
14.05.2021 Abreise Kiel
16.05.2021 Boyden
22.05.2021 Aarhus
25.05.2021 Aalborg (Zustieg Lars)
28.05.2021 Tyboron
03.06.2021 Peterhead
07.06.2021 Inverness
16.06.2021 Hafentage Inverness (Zustieg Maria am 15.6.)
18.06.2021 Fort William
19.06.2021 Oban

Die 2. Etappe ist durchgeplant!

Nach weiterer Beschäftigung mit der Schottland Reise habe ich mir die schönsten Anlaufpunkte ausgesucht. In Oban wird es eine Etappenpause von 3 Tagen geben. Immerhin gibt es in Oban auch kulinarisch einiges zu entdecken, so einen wunderbaren Whiskey, von dem ich bei meiner letzten Reise länger gezehrt habe. Außerdem ist Oban für frischen Fisch und Meeresfrüchte. Da werde ich wohl einige Kompromisse mit meinen guten Vorsätzen machen müssen, weniger Fisch zu verzehren.

Von Oban geht es weiter zu den inneren Hebriden. In Portree auf der Insel Skye wird es einen Wechsel der Mitsegler geben.

Von Portree aus geht es zu den äußeren Hebriden. Hier bin ich mit einem Bekannten über Instagram in Stornoway verabredet, der mich sicherlich die Highlights der Insel Lewis einführen wird.

Von den äußeren Hebriden geht es dann über die Stationen Kinlochbervie und Loch Eribol nach Scrabster vor den Orkney Inseln weiter.

Hier der Zeitplan:

19.06.2021 Oban
22.06.2021 Oban Pause
24.06.2021 Tobermory
26.06.2021 Eigg
30.06.2021 Skye Portree
02.07.2021 Skye Portree Pause
05.07.2021 Stornoway
10.07.2021 Stornoway Pause
11.07.2021 Kinlochbervie
12.07.2021 Loch Eribol
13.07.2021 Scrabster

Einige Highlights zur Tour – links zum mentalen Mitsegeln

Die Tour um England, durch Schottland und über die Scilly Inseln zurück durch den Kanal, über Amsterdam und das IJsselmeer bietet neben dem zu erwartenden feuchten englischem Wetter einige Highlights und Herausforderungen, die sich mir erst im Laufe der Planung erschlossen haben. Einige Herausforderungen meide ich, will sie aber dennoch erwähnen, vielleicht nehme andere Segler diese Herausforderungen an.

Quer durch Schottland führt der Caledonian Kanal von Inverness nach Fort William. Viele Schleusen und wunderschöne Landschaften erwarten uns:
https://www.scottishcanals.co.uk/canals/caledonian-canal/

Wir passieren die inneren Hebriden und werden voraussichtlich den Crinan Kanal ansteuern und passieren.  https://www.scottishcanals.co.uk/canals/crinan-canal/

Die Seestraße von Corryvreckan versuchen wir zu vermeiden. Sie liegt zwischen den Inseln Jura und Scarba. Wer wissen will, warum ich da nicht soo gerne entlangfahre, schaut sich diese Videos an: https://youtu.be/U5SKPVPIZ3I

In der Umgebung wohnte George Orwell und stellte sein Werk 1984 fertig. Er entkam  knapp dem Whirlpool von Corryvreckan. Kein Wunder, dass er dabei eine düstere Vision der Zukunft entwickelte …

Ein tolles 3d Modell das Strudels findet sich hier: https://youtu.be/aEehfAvvvFY

Es soll vor allem während der Springflut gefährlich sein. Man kann das Naturspektakel auch als touristische Sensation inszenieren: https://youtu.be/vbnCgoTVyes

Ebenso will ich die Passage zwischen Anglesey und dem Festland meiden. Da strudelt das Wasser in einer sehr engen felsigen Passage. Nur während 45 Minuten um das Hochwasser herum hat man eine Chance, diese Passage gut zu überstehen. Das können dann mal ambitioniertere Segler machen. Denke ich mir zu Beginn meiner Planungen. Hinterher gibt es doch gute Gründe, diese Passage zu nutzen, was bei guter Vorbereitung auch problemlos möglich ist.

Um so mehr freue ich mich auf die die Scilly Inseln auf dem Rückweg von Wales. Die 140 Inseln liegen im Golfstrom ca. 30 Seemeilen vor Lands End im Atlantik. Sie gehören zur Grafschaft Cornwall. 6 der Inseln sind bewohnt. Durch den Golfstrom gibt es ein sehr moderates Klima, Palmen und fast eine fast karibische Anmutung von türkisfarbenen Küsten und weißen Sandstränden:

https://www.visitislesofscilly.com

1.6. -2.6.: von Eyemouth nach Peterhead

In Eyemouth haben wir den Hafenmeister noch mal gebeten, die Sperrung des Forth and Clyde Canals zu verifizieren. Im Internet ist die mir mitgeteilte Störung immer noch nicht kommuniziert. An der angegebenen Telefonnummer erreicht er über Stunden niemanden.

Als wir zahlen wollen, versucht er, über einen anderen Kanal an Informationen zu gelangen. Der Kanal sei gesperrt, es seien zwei Brücken defekt, teilt es uns schließlich mit. Eine ungewöhnliche Form der Kommunikation, solch eine Information nicht über das Netz zu verbreiten.

Bei der Abreise produzieren wir schnell noch mal Hafenkino. Das Auslaufen wird bei Niedrigwasser zum Auflaufen. Und zwar mitten auf dem Fahrwasser. „Left, left, there it’s deeper.“ Ja gut, hätte ich auch gerne vorher gewusst.

Wir lassen noch einen größeren Katamaran vorbei, der eine Tauchgruppe an Bord hat. Das Wasser strömt zum Meer. Und wir liegen auf einer Sandbank. Trotz voller Schubkraft bewegt sich das Schiff kein Stück. Die ausgediente Fantadose am Grund des Wassers bewegt sich auch nicht.

Die Fischer im Katamaran nebenan sind auffällig gut gelaunt. Eis schleckende Familien gucken von oben auf unser Schiff. Gestikulierende verrentete Segler geben ihre Kommentare. Und wir machen den Motor aus. Das Wasser wird wieder kommen.

Der Film dauert über einer Stunde und jetzt heißt es, nur noch schnell tanken und dann kann es schon losgehen. Nur noch die 10 m hohe Leiter an der Kaimauer hochklettern, naja, es wachsen auch unten kaum scharfkantige Muscheln an der Leiter und der Grünbelag geht sicher wieder ab von den Händen.

Oben angekommen treffe ich unsren Hafenmeister wieder, der mit dem Fahrrad von seinem Büro ums Hafenbecken geeilt ist, um die Tankstelle zu bedienen. Also die Leiter wieder runter klettern, der Hafenmeister lässt die Zapfpistole vorsichtig am Schlauch runter und es tropft auch nur ganz wenig Dieselrest aus dem Schlauch. Dann wieder hochklettern, im Hafenbüro zahlen und eine Erklärung unterschreiben, dass man den steuerreduzierten rot eingefärbten Diesel auch bitte nur auf dem Wasser verbraucht. Den Diesel wieder abzusaugen und in ein Auto umzufüllen wäre Steuerhinterziehung und das wollen wir ja nicht.

Dann geht es endlich los.

Heute ist ein besonderer Tag in Nordengland.  Es ist sommerlich, kein Regen und kein Nebel, die Sonne scheint durch den leichten Dunst. Es windet auch kaum, sodass wir wieder mal den Motor anstellen dürfen. Wenn wir anlegen, werden wir 25 Motorstunden auf der Uhr haben.

Wir genießen die Sonne und freuen uns über warme Füße. Die hatte ich bisher eher selten. Unser elektrischer Steuermann kommt wie jeden Tag zum Einsatz und wir haben Zeit zur Muße.

Konzert für die Fische.

Wir stellen uns auf eine längere Tour ein, irgendwann müssen wir auch Seemeilen reißen, um die weiten Entfernungen zu überwinden. Auf jeden Fall wollen wir heute die Bucht vor Edinbourgh überqueren.

Der erste Hafen, den wir anlaufen können, ist Arbroath. Es ist bereits dunkel, als wir einlaufen wollen.

So wie der Tag gestartet ist, scheint er auch zuende gehen zu wollen. Im Schlamm. Richtig, wir sitzen mal wieder fest. Das Wasser läuft zwar gerade wieder auf, aber dieses Mal sind wir zu schnell gewesen. Wir müssten ca. noch 1,5 Stunden warten, um in die Hafeneinfahrt rein zu kommen. Die Zeit können wir doch besser zum Weiterfahren nutzen.

Unter Motor wühlen wir uns wieder aus der Hafeneinfahrt raus. Wir hatten bereits die Überlegung, in den nächsten Tagen eine Nacht durchzufahren, um schneller voran zu kommen. Dann ist das eben heute die Generalprobe. Einer muss sich unten entspannen können, während der andere oben den Überblick behält.

Schnell ist unten der Salon zur Nachtkoje umgebaut.

Während Rolf L. das Ausruhen probiert, halte ich Kurs auf Montrose, dem nächst gelegenen Hafen. Ordnungsgemäß melde ich mich per Funk bei der Hafenaufsicht an und bitte um Zugang, um im Hafen, der auch beim Reeds aufgeführt ist, zu übernachten. „Sorry, thats not possible, we are a commercial port and we have ship movements and can’t offer you a berth.“ Das ist der zweite Hafen, bei dem wir keinen Liegeplatz finden.

Der nächste brauchbare Hafen scheint Aberdeen zu sein. Dann müssen wir die Nachttour also schon heute durchführen. Die Generalprobe wird zur Lifeperformance. Die Bedingungen stimmen, der Himmel ist klar und wir laufen unter Motor, da der Wind für unser Ziel nicht zu gebrauchen ist. Alles gut unter Kontrolle zu halten, sofern der Motor durchhält.

In der Morgendämmerung auf den Weg nach Aberdeen.

Die Nacht verläuft gut und wir wechseln nach 4 Stunden die Rollen. So finden wir beide unsere Entspannungsphasen.

Am Morgen erreichen wir Aberdeen. Dieses Mal melden wir uns zunächst nicht bei der Hafenaufsicht. Plötzlich erfolgt auf dem Notrufkanal ein Aufruf an ein Segelschiff in Hafennähe zu Aberdeen, sich mit der Hafenaufsicht in Verbindung zu setzen. Da sind wohl wir gemeint.

„We are a commercial port and you are not allowed to enter the harbour.“ Der dritte Hafen, der uns nicht haben will.

Zwangsläufig kommen wir jetzt dazu, Seemeilen zurück zu legen.

Auch tagsüber hat jeder mal seine Ruhephase.

Am Ende des 2. Tages legen wir gegen 16.30 Ortszeit in Peterhead an. Wir haben ca. 100 Seemeielen zurück gelegt und den Motor 25 Stunden laufen lassen.

Die Marina von Peterhead liegt zwischen Chemikalienlager für die Offshore Ölplattformen etwas abseits der Stadt. Peterhead ist ebenfalls ein ehemaliger Fischerort, der irgendwie versucht zu überleben.

5.6.: von Buckie nach Inverness

Wir legen früh in Buckie ab. Wir haben bis Inverness ca. 50 Seemeilen vor uns.

Heute haben wir die perfekte Route für den nord-östlichen Wind.

Wellenberge und Wellentäler von hinten wiegen das Boot recht sanft.

Es wird der perfekte Segeltag. Der Wind kommt direkt von hinten und wir setzen die Passatsegel. Die Wellen laufen unter dem Schiff hindurch. Sie sind ca. 2,50 m hoch, haben aber eine langsame Frequenz. Sanft wird das  Schiff gehoben und gewogen. Wir rauschen mit 6 Knoten in Richtung Inverness.

Dabei passieren wir auf der Höhe von Lossimouth den nördlichsten Punkt dieser Reise.

Ab jetzt geht es in Richtung Süden.

Der Sund vor Inverness verengt sich, der Wind nimmt zu. Vor der Brücke von Inverness bergen wir die Segel.

Die Brücke vor Inverness.

Gleich hinter der Brücke laufen wir den Hafen von Inverness gegen 19:30 Uhr an. Der Hafen ist das erfreuliche Kontrastprogramm zum Hafen von Buckie. Perfekter Service von der ersten Minute an. Warme und saubere Sanitärräume.

Wir unternehmen noch einen Spaziergang nach Inverness. Eine tolle Stadt, die eigentlich einen mehrtägigen Aufenthalt rechtfertigen würde.

Die Altstadt von Inverness ist ganz schön herausgeputzt.

Am Abend falle ich erschöpft in meine Koje.

6.6.: von Inverness nach Fort Augustus

Am morgen wollen wir im Hafen von Inverness noch den neuen Radarreflektor montieren. Der Hafenmeister bietet uns an, mich mit seinem Kran hoch zu ziehen. Das Angebot nehme ich gerne an.

Hier oben hat man einen super Ausblick. Es ist schwer, die kleinen Schrauben und Unterlegscheiben zu montieren, ohne dass was runterfällt.

Bitte keine Schraube verlieren.

Danach geht es dann los in den Caledonian Canal. Insgesamt müssen wir durch 28 Schleusen durch, gehäuft jeweils an den Enden des Kanals.

Mit dem Caledonean Canal haben wir eine wichtige Etappe dieser Reise endlich erreicht. Es war mühsam, die Ostküste per Motor oder durch Kreuzen gegen den häufigen Nordwind zu erklimmen, aber jetzt freuen wir uns auf landschaftlich aufregende und abwechslungsreiche Erlebnisse.

Hier geht es gleich durch mehrere Schleusen hintereinander.

Grüne Bäume und blühende Ginsterbüsche am Caledonian Canal.

Der Caledonian Canal ist das Kontrastprogramm zur rauheren Nordseeküste. Endlich können sich unsere Mägen dauerhaft beruhigen. Die gemütliche Fahrt durch den Kanal eignet sich auch für wasserinteressierte, die gerne auf hohe Wellen verzichten. Ein blauer Himmel mit viel Sonnenschein entschädigt uns für die kalte Nordseequerung.

Der Kanal ist eingesäumt von grünen Hügeln, blühenden Ginsterbüschen und gelegentlich parallel verlaufenden Flüssen. An vielen Stellen eignet er sich auch für eine Reise mit dem Rad.

Nach einer gemütlichen Fahrt durch die Kanal Landschaft öffnet sich uns das Loch Ness. Hier dürfen wir mal wieder mit Wind von  hinten segeln.

Das Loch Ness hat steile Hänge an beiden Seiten. Es gibt kaum Tiere hier zu sehen. Wir vermissen Vögel.

Vergeblich halten wir Ausschau nach dem Seeungeheuer von Loch Ness. Eine publizistisch tolle Erfindung, gelegentlich aufgewärmt, trägt doch dazu bei, diese einsame und schöne Region touristisch etwas bekannter zu machen.

Am Ende von Loch Ness wird das Tal enger und der Wind pfeift stärker. Wir schaffen es gerade noch, die Segel rechtzeitig zu bergen.

In Fort Augustus finden wir am Ponton einen Liegeplatz für diese Nacht.

7.6.: von Fort Augustus nach Gairlochy

Wir haben die zeitweise schaukelige Nacht gut überstanden. Unser Liegeplatz lag zu nah am offenen Loch Ness, über dass  ein kräftiger Wind doch eine unruhige, kabbelige Welle aufgebaut hat.

Am Morgen läuft der Schleusenwärter über die Pontons und teilt den einzelnen Schiffsführern mit, wann sie dran kommen. Es handelt sich hier nicht um eine Einzelschleuse sondern um eine Treppenschleuse, in der mehrere Schleusen hintereinander gesetzt sind und die Schiffe bei der Ausfahrt aus einer Schleuse bereits in der nächsten Schleusenkammer landen.

Wir wollen es heute bis zum Ende des Caledonian Canal schaffen.

Um 12:00 Uhr sollen wir an der Reihe sein.

Wir entwickeln Routine beim Schleusen.

Am Ende der Schleuse ergibt sich eine ähnliches Bild wie am Vortag. Es geht erstmal los mit einer wunderschönen Kanal- und Flusslandschaft. Es wirkt etwas wärmer und dichter als am Vortag.

Parallel zum Kanal verläuft der River Oich. Mitunter gibt es einen Austausch des Wassers zwischen  beiden Systemen.

Immer wieder öffnen sich verschiedene Verbindungen zwischen Fluss und Kanal.

Die heutige Strecke ist heimeliger und verwunschener als die gestrige. Der Wald wächst oft bis zum Rand des Kanals. Manchmal kann man den River Oich durch den Waldrand durchschimmern sehen.

Die Organisation der schottischen Kanäle vor Ort ist großartig. Man kommuniziert per Funk – in beide Richtungen.

Ein Brückenwärter hat uns angefunkt, wir würden abseits der Strecke fahren und müssten weiter links zur Boje. Ich bedanke mich für seinen Hinweis und er erklärt, es sei auch seine Aufgabe, diesen Streckenabschnitt zu überwachen.

Kurze Zeit später wissen wir diesen Hinweis nochmal besonders zu würdigen.

Da hat jemand den falschen Weg gewählt und kam nicht mehr zurück.

Für den Schleusenbetrieb ist jede Menge Personal im Einsatz. Das Kontrastprogramm zu den dänischen Hafenmeistern, die meist nur aus einem Automaten bestehen.

Diese Schleusenwärterin hat jedem Gast ein aufklebbares Sternchen geschenkt.

Am Nachmittag öffnet sich der Kanal wieder zu einem See, dem Loch Lochy. Im Gegensatz zum Loch Ness fallen die näheren Berge flacher ab und es wird Landwirtschaft betrieben. Ein idyllisches Plätzchen für Schafe.

Im Hintergrund zeigt sich Schottlands höchster Berg, ca. 1300 m. Ein Segler, den wir beim Schleusen trafen, bemerkte, dass er dort als Kind bei schottischen horizontalem Regen Ski fahren gelernt hat. Bis in den August hinein lassen sich am Berg noch Schneeflächen identifizieren.

Bis zum Abend schaffen wir es bis zur Treppenschleuse. Durch diese werden wir morgen den Caledonian Canal verlassen.

9.6.: von Corpach nach Oban

Um 3:45 Uhr lösen wir das Päckchen auf und legen zeitgleich mit John ab. John will in Richtung Hebriden weiter in den Norden segeln.

Noch halbwegs in der Nacht aber schon hell legen wir ab.

Es ist hier um diese Jahreszeit bereits hell. Der Wind erwacht langsam und wir können die Segel setzen.

Die Strömung ist mit uns und es geht schnell voran. Johns Empfehlung, früh abzulegen war richtig.

Wunderschöne Landschaften ziehen an uns vorbei.

Den richtigen Zeitpunkt zu finden, ist eine schwierige Angelegenheit. Nur 5 Stunden Schlaf reichen über einen längeren Zeitraum nicht aus. Während der Fahrt können wir wechselnd dösen, aber irgendwann fordert der Körper Ruhephasen ein. Bei längeren Törns kippt die Strömung im Verlauf, aber wo hält man ihr am sinnvollsten entgegen?

In Oban entscheiden wir uns, in der Marina anzulegen. Wir müssen mal wieder waschen und brauchen dazu eine vernünftige Infrastruktur. Der Hafen liegt auf der anderen Seite der Bucht.

Eine kleine Fähre legt direkt in der Marina ab und fährt stündlich nach Oban.

Oban hat eine entwickelte touristische Infrastruktur. Das hat den Vorteil, dass das Angebot an Restaurants differenzierter ist. Endlich finde ich auch mal Meeresfrüchte auf der Speisekarte.

In Oban brummt der Tourismus. Der Ort scheint das gut auszuhalten.

Hier bekomme ich endlich meinen Whiskey in einer Destille vor Ort, den ich nach Stexwig segeln will. Am liebsten würde ich ein kleines Holzfass kaufen.  Ich versuchs mal mit dem englischen Wort „Barrel“. Da werden die Verkäufer ganz aufgeregt und schwirren auseinander. Schnell stellt sich raus, dass es keine kleinen Holzfässchen im Verkauf gibt. Das Ausstellungsfässchen ist nur zur Dekoration hergestellt worden. Aus dem großen Geschäft wird dann nichts und es müssen kleine Flaschen herhalten. Die lassen sich auch besser finanzieren.

Auch Traditionssegler finden Platz im Hafen von Oban.

Am späten Nachmittag nehme ich die Fähre zurück zur Marina.

10.6.: von Orban zur Insel Gigha

Bei der Planung eines sinnvollen Abreisetermins nehme ich den Reeds Almanach zur Hilfe. Ohne dieses knapp 1000 seitige jährlich neu aufgelegte Werk kann ich mir solch eine Reise gar nicht mehr vorstellen. Die wichtigsten Informationen, die wir benötigen sind

  • Kommunikationsinfos zu Häfen, Schleusen und Portcontrol Organisationen, z.b. auf welchen Funkkanälen jeweils gesendet wird
  • Daten zu Hochwasser und Niedrigwasser für jeden Ort
  • Strömungskarten für jede Region

Für die Abfahrt ist es wichtig zu wissen, wann Hochwasser ist und welche Strömungen wann und wie laufen.

Es sieht aus, als können wir ausschlafen, weil den besten Strömungseffekt für die Reise haben wir 5 Stunden nach Hochwasser. Für Oban gibt es eine eigene Hochwassertabelle, die ich als Referenz benutze. Später wird sich rausstellen, dass das mal wieder ein Fehler war, da die Strömungstabellen sich auf die Hochwasserstände von Dower beziehen (natürlich nochmal die Stunde für die Sommerzeit hinzurechnen).

Jedenfalls fahren wir ausgeschlafen los und müssen heute ca. 50 Seemeilen zurücklegen, um bis Gigha zu kommen.

Auf dem Weg nach Gigha.

Es ist herrliches Segelwetter und wir rauschen zunächst mit 6-7 Knoten durch das Meer.

Doch dann kippt die Strömung. Mein Rechenfehler kommt zur Wirkung. Die Fahrt wird zwischen den Inseln Luing und Luna immer langsamer. Das Meer hingegen zeigt eine geriffelte Oberfläche, da es jetzt von mehreren Seiten strömt.

Kurz nach dem Kippen des Stroms bekommt das Meer eine schuppenähnliche Oberfläche.

Wir müssen jetzt den Motor dazuschalten, um unser Tagesziel erreichen zu können. Wir laufen jetzt bei günstigen Winden zwischen 4 und 5 Knoten unter vollem Segel und unter Motor mit allem, was uns an Kraft zur Verfügung steht.

Das Navigationsdisplay scheint verrückt zu spielen. Mal zeigt es eine Geschwindigkeit von 0 über Grund (gemessen über Satelit) an, mal fährt unser Boot zur Seite oder das Bootssymbol auf dem Display dreht sich.

Wer hat den Whirlpool Quirl angeschaltet?

Wir müssen den Motor auf höherer Drehzahl laufen lassen, um unsere Richtung halten zu können.

Es dauert fast eine Stunde, bevor wir aus dieser Mehrenge zwischen den beiden Inseln raus sind.

Auf der Karte befinden sich Hinweise auf starke Strömungen.

Irgendwann kommt der Quirl zum Erliegen und wir können wieder Fahrt aufnehmen. Es geht flott voran und wir erreichen unser geplantes Tagesziel, die Insel Gigha.

Wir finden die in den Karten beschriebene Bucht und müssen uns nur noch eine freie Mooringboje befestigen.

Sehr praktisch und erspart die gesamte Hafenprozedur.

Morgen geht es dann weiter in Richtung Nord Irland.