15.7.2022 – 16.7.2022 von Stonehaven nach Abroath

Morgens um 6:30 Uhr verlasse ich meinen Liegeplatz in Stonehaven. Für heute habe ich eine etwas kürzere Tour eingeplant.

Mit Lars hatte ich gesprochen, dass wir sinnvoller außerhalb des Stadthafens von Edinburgh uns treffen. Der Ort Eyemouth schon nach dem Ende der Ostseite der Bucht von Edinburgh ist hierfür gut geeignet. Ich spare mir den 2-fachen Weg in die Bucht, Lars muss allerdings nach Edinburgh noch 2x umsteigen. Wir woĺlen uns dann am Abend noch auf den Weg in Richtung Elbe machen.

Um Eyemouth zu erreichen, muss lediglich die Bucht von Edinburgh überquert werden.

Bei der Überquerung sind ca. 40 Seemeilen zurück zu legen, die Entfernung nach Abrobath sind ca. 30 Seemeilen.

Die Fahrt erfolgt überwiegend unter Motor. Zwischendurch regnet es gelegentlich. Der Regen fühlt sich wärmer an, als in den Wochen zuvor. Es ist ein warmer Sommerregen!

Ich hatte unterwegs den Hafenmeister um einen Liegeplatz im Hafen angefragt. Ja, das wäre kein Problem,mich müsse aber bis 18.00 Uhr da sein, da dann das Gate geschlossen wird.

Mein Liegeplatz in Abroarth.

Ein Gate so was wie eine Zwischenlösung zwischen ungeschütztem Trockenfallen des Hafens und der über eine Schleuse komplett entkoppelte Hafen. Das Gate wird temporär geöffnet, im Regelfall 2- 3 Stunden vor Hochwasser bis 2-3 Stinden nach Hochwasser. Bei Niedrigwasserständen bleibt das Gate geschlossen, damit der Hafen nicht lomplett trocken fällt. Als Segler muss man sich auf die Öffnungszeiten einstellen und die Detailplanungen darauf abstimmen.

Da am nächsten Tag des Gate nur ab 13:30 Uhr öffnet, bleibe ich eine Nacht länger. Ein halber Tag reicht mir nicht für eine 40 Seemeilen lange Tour aus. Am Folgetag muss ich aber bis Eyemouth kommen, da Lars den Tag darauf eintreffen wird.

Von der Abdichtung des Handlaufes erhoffe ich mir ein geringeres Eindringen von Feuchtigkeit ins Schiffsinnere

Ich nutze die zusätzliche Hafenzeit für kleinere Reparaturen und Abdichtungsarbeien am Boot.

Parkbänke als Andenkengalerie.

Am Nachmiitag habe ich Zeit für einen Spaziergang. Dabei fallen mir eine ganze Reihe von Parkbänken auf, die auf einem Weg zu einem Hügel einen schönen Ausblick aufs Meer bieten.

Jede Parkbank enthält ein kleines Schild mit einer individuellen Widmung für einen Verstorbenen. Ich nehme an, dass diese Bänke von den Angehörigen der Verstorbenen finanziert wurden. Das finde ich für alle Beteiligten einen Gewinn!

Morgen gehts dann weiter nach Eyemouth.

20.5. – 24.5.: Grimsby

Nach der anstrengenden Überfahrt müssen wir uns erst einmal erholen und einige Dinge an Bord reparieren. Aber zunächst einmal wollen wir Grimsby erkunden.

Grimsby wurde von einem dänischen Fischer gegründet und entwickelte sich bis in die 30ger Jahre zum größten Hafen von England. Bis in die 60ger Jahre konnte man den Hafen von Fischerboot zu Fischerboot überqueren. Doch der Hafen bzw. der Zufluss Humber neigt zur Versandung und der Hafen ist nur tidenabhängig zu erreichen. Den Niedergang beschleunigten ab den 60ger Jahren die „Kabeljaukriege“, in denen Island seine Fischereigrenzen von ursprünglich 3 Seemeilen stufenweise auf 200  Seemeilen vergrößerte. Grimsby verlor dadurch wichtige Fanggebiete.

Verfallende Fabrikgebäude geben Zeugnis einer anderen Epoche von Grimsby.

Inzwischen liegt die Hafeninfrastruktur ziemlich danieder. Die Stadt kommt mit dem Rückbau nicht hinterher. Ganze Straßenzüge des alten Grimsby warten auf die Abrissbirne.

Industrieromantik verklärt diesen vollzogenen Niedergang. Erhalten geblieben ist fischverarbeitende Nahrungsindustrie. Nebenan gibt es aus der Fabrik einen Detailverkauf von gefrorenem Lachs – aber weder hier noch sonstwo in der Umgebung der Marina finde ich fish & ships. Die wären jetzt bald mal dran für mich als Englandtouristen.

Im Kontrast zum traurigen Stadtbild sind die Menschen, denen wir begegnen sehr nett und vor allem hilfsbereit. Reichtum und Hilfsbereitschaft sind ja oft umgekehrt proportional.

Da ist zunächst einmal John, der Hafenmeister, der uns hilft wo immer wir es nötig haben. Ralf wird bald zurückreisen und John bietet an, ihn zum Bahnhof zu bringen. „No problem!“

Zunächst einmal müssen wir uns noch um das Schiff kümmern. Der Keilriemen quietscht beim Start schon seit Tagen länger, als ich es erwartet habe. Schließlich hatte ich vor der Reise den Keilriemen vorsorglich erneuert. Dabei habe ich mir Mühe gegeben, den Riemen ordentlich zu spannen.

Beim Austausch des Keilriemens habe ich es beim Spannen des Riemens wohl übertrieben.

Leider wohl etwas zu bemüht. Jedenfalls ist die Spannvorrichtung gebrochen, eine Befestigungsschraube der Lichtmaschine hat sich gelöst und diese hängt nur noch an einer Schraube und am Keilriemen selbst.

Ich bau das defekte Teil aus und bitte John um Rat. „Go to Harris and Garrod. They may help you.“ Von Ralf hatte ich mich vorsorglich bereits verabschiedet, da ich eher damit rechne, von Pontius zu Pilatus geschickt zu werden.

Die Werkstatt Harris  and Garrot ist gleich um die Ecke. Ich weiß nicht, ob die das Teil neu bestellen oder vielleicht reparieren können.

Beim Eintreten ins Büro erkläre ich kurz mein Problem und zeige das defekte Teil. „No problem, I will do it now.“ sagt Harris oder Garrot. Ich kann mir so schlecht Namen merken.

Die Soundanlage ist das spirituelle Zentrum des Betriebes.

Die Werkstatt ist Lebensort. Wohl über 100 Jahre alt. Ein deutscher Arbeitsschutzprüfer würde hier einen Herzinfarkt zum Opfer fallen. Zentraler Punkt ist eine Musikanlage, aus der Rockmusik trötet. Die Maschinen wirken alt aber funktionstüchtig. Die Menschen vermitteln den Eindruck, als würden sie gerne hier arbeiten.

Haroris oder Garrot beim Schweißen des gebrochenen Keilriemenspanners.

Selbstverständlich komme ich mit und darf Zeuge werden, wie das Kleinteil geschliffen, gerichtet, geklammert und geschweißt wird.  Dann nochmal kurz ein Endschliff – nach 10 Minuten habe ich eine professionell reparierte Aluminium Schiene für die Lichtmaschine in der Hand.

Funktionierendes Chaos bei der Werkbank.

Das Ganze soll dann auch nichts kosten – gerne spende ich hier für die Kaffeekasse. Es ging so schnell, dass ich Ralf zum Bahnhof begleite. Natürlich will John kein Geld von uns für diesen Service. Es ist eigentlich kein Service – ein Austausch einer Dienstleistung gegen Geld, sondern eine Hilfe, die gerne gegeben wird.

Schon nach 30 Minuten bin ich wieder am Schiff – glücklich dieses Problem gelöst zu haben. Ich kann Ralf noch bis zum Bahnhof begleiten. Sollen wir ein Taxi bestllen? „No problem, I will bring you to the station.“ Sagt John. Geld dürfen wir ihm nicht dafür geben.