20.5. – 24.5.: Grimsby

Nach der anstrengenden Überfahrt müssen wir uns erst einmal erholen und einige Dinge an Bord reparieren. Aber zunächst einmal wollen wir Grimsby erkunden.

Grimsby wurde von einem dänischen Fischer gegründet und entwickelte sich bis in die 30ger Jahre zum größten Hafen von England. Bis in die 60ger Jahre konnte man den Hafen von Fischerboot zu Fischerboot überqueren. Doch der Hafen bzw. der Zufluss Humber neigt zur Versandung und der Hafen ist nur tidenabhängig zu erreichen. Den Niedergang beschleunigten ab den 60ger Jahren die „Kabeljaukriege“, in denen Island seine Fischereigrenzen von ursprünglich 3 Seemeilen stufenweise auf 200  Seemeilen vergrößerte. Grimsby verlor dadurch wichtige Fanggebiete.

Verfallende Fabrikgebäude geben Zeugnis einer anderen Epoche von Grimsby.

Inzwischen liegt die Hafeninfrastruktur ziemlich danieder. Die Stadt kommt mit dem Rückbau nicht hinterher. Ganze Straßenzüge des alten Grimsby warten auf die Abrissbirne.

Industrieromantik verklärt diesen vollzogenen Niedergang. Erhalten geblieben ist fischverarbeitende Nahrungsindustrie. Nebenan gibt es aus der Fabrik einen Detailverkauf von gefrorenem Lachs – aber weder hier noch sonstwo in der Umgebung der Marina finde ich fish & ships. Die wären jetzt bald mal dran für mich als Englandtouristen.

Im Kontrast zum traurigen Stadtbild sind die Menschen, denen wir begegnen sehr nett und vor allem hilfsbereit. Reichtum und Hilfsbereitschaft sind ja oft umgekehrt proportional.

Da ist zunächst einmal John, der Hafenmeister, der uns hilft wo immer wir es nötig haben. Ralf wird bald zurückreisen und John bietet an, ihn zum Bahnhof zu bringen. „No problem!“

Zunächst einmal müssen wir uns noch um das Schiff kümmern. Der Keilriemen quietscht beim Start schon seit Tagen länger, als ich es erwartet habe. Schließlich hatte ich vor der Reise den Keilriemen vorsorglich erneuert. Dabei habe ich mir Mühe gegeben, den Riemen ordentlich zu spannen.

Beim Austausch des Keilriemens habe ich es beim Spannen des Riemens wohl übertrieben.

Leider wohl etwas zu bemüht. Jedenfalls ist die Spannvorrichtung gebrochen, eine Befestigungsschraube der Lichtmaschine hat sich gelöst und diese hängt nur noch an einer Schraube und am Keilriemen selbst.

Ich bau das defekte Teil aus und bitte John um Rat. „Go to Harris and Garrod. They may help you.“ Von Ralf hatte ich mich vorsorglich bereits verabschiedet, da ich eher damit rechne, von Pontius zu Pilatus geschickt zu werden.

Die Werkstatt Harris  and Garrot ist gleich um die Ecke. Ich weiß nicht, ob die das Teil neu bestellen oder vielleicht reparieren können.

Beim Eintreten ins Büro erkläre ich kurz mein Problem und zeige das defekte Teil. „No problem, I will do it now.“ sagt Harris oder Garrot. Ich kann mir so schlecht Namen merken.

Die Soundanlage ist das spirituelle Zentrum des Betriebes.

Die Werkstatt ist Lebensort. Wohl über 100 Jahre alt. Ein deutscher Arbeitsschutzprüfer würde hier einen Herzinfarkt zum Opfer fallen. Zentraler Punkt ist eine Musikanlage, aus der Rockmusik trötet. Die Maschinen wirken alt aber funktionstüchtig. Die Menschen vermitteln den Eindruck, als würden sie gerne hier arbeiten.

Haroris oder Garrot beim Schweißen des gebrochenen Keilriemenspanners.

Selbstverständlich komme ich mit und darf Zeuge werden, wie das Kleinteil geschliffen, gerichtet, geklammert und geschweißt wird.  Dann nochmal kurz ein Endschliff – nach 10 Minuten habe ich eine professionell reparierte Aluminium Schiene für die Lichtmaschine in der Hand.

Funktionierendes Chaos bei der Werkbank.

Das Ganze soll dann auch nichts kosten – gerne spende ich hier für die Kaffeekasse. Es ging so schnell, dass ich Ralf zum Bahnhof begleite. Natürlich will John kein Geld von uns für diesen Service. Es ist eigentlich kein Service – ein Austausch einer Dienstleistung gegen Geld, sondern eine Hilfe, die gerne gegeben wird.

Schon nach 30 Minuten bin ich wieder am Schiff – glücklich dieses Problem gelöst zu haben. Ich kann Ralf noch bis zum Bahnhof begleiten. Sollen wir ein Taxi bestllen? „No problem, I will bring you to the station.“ Sagt John. Geld dürfen wir ihm nicht dafür geben.

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