22.7.: von Zeebrugge nach Roompot

Die belgische Küste ist vom Boot aus betrachtet noch langweiliger als die belgischen Autobahnen. Die sind durch ihrer Beleuchtung wenigstens unverwechselbar.

Die Küste ist ein langer Sandstrand mit Lego ähnlichen Gebäuden, die sich aus der Ferne kaum unterscheiden.

Roompot ist ein familienfreundlicher Badeort. Die Infrastruktur des Ortes reduziert sich auf 2 Restaurants und einen Supermarkt. Unterschiedliche Typen von Ferienunterkünften stehen zur Verfügung.

Der Hafen von Roompot. Praktisch und gut aufgeräumt.

Mehr ist über den Ort nicht zu sagen. Gesichtslos wird hier ohne eine Geschichte zu erzählen Langeweile organisiert. Die Küche des Strandrestaurants schließt um 21.00 Uhr, hat aber nach 20.00 Uhr bereits kein Essen mehr zu verkaufen.

Seglerisch hat die Fahrt nach Roompot auch wenig zu bieten. Es ist mal wieder kein Wind, der Motor schiebt uns gemächlich über das Meer. Wir hoffen auf etwas Wind für den Folgetag.

23.7.: von Roompot nach Scheveningen

Auch an diesem Tag haben wir kein Glück mit dem Wind. Der schläft nicht ein, der wird gar nicht erst wach.

Die meditative Langeweile setzt sich fort. Die gesammelten Gastlandsflaggen hängen schlaff neben dem Mast. Der Motor tuckert vor sich hin.

Navigatorische Herausforderung ist allenfalls das Kreuzen des Verkehrstrennungsgebietes vor der Zufahrt nach Rotterdam.

Wir melden uns per Funk bei der Verkehrsleitzentrale an und beobachten den Schiffsverkehr per AIS. Inzwischen haben wir für solche Vorgänge eine gewisse Routine entwickelt.

Vor der Zufahrt nach Rotterdam kreuzen wir ein Verkehrstrennungsgebiet.

Wir hoffen, dass wir von unsrem Ziel Scheveningen noch einen Abstecher per Bus nach Den Haag machen können.

Spiegelglattes Meer vor der Zufahrt nach Scheveningen.

Im Hafen wird es dann nochmals spannend. Der Hafen ist recht voll. Wir finden einen der letzten Plätze im Dreierpäckchen.

Für einen Ausflug nach Den Haag ist allerdings die Zeit zu knapp.

24.7.: von Scheweningen nach Amsterdam

An diesem Tag müssen vor um 8.00 Uhr starten, da der Segler, der uns im Päckchen anlegen ließ, um 8.00 Uhr in Richtung England starten will.

Immerhin soll es heute etwas Wind geben. Die Wettervorhersage kündigt Windstärken 3 bis 4 an.

Bis zum Mittag ist von diesem Wind allerdings nichts zu spüren. Immerhin können wir noch 1 Stunde vor der Zufahrt nach Ijmuiden die Segel hissen.

Bei der Zufahrt nach Ijmuiden kündigt sich das baldige Ende der Reise an. Hier kreuzen wir unseren Kurs der Hinreise nach England.

Der Kreis der Rundreise um England schließt sich in Ijmuiden.

Vor der Schleuse in den Nordkanal nach Amsterdam warten wir noch eine kurze Zeit. Nach Amsterdam bringt uns dann das Schiff mal wieder unter Motor.

In Amsterdam haben wir Glück, im Sixthaven einen Platz zu ergattern. Der liegt genau gegenüber dem Hauptbahnhof.

Der Sixthafen ist der zentralste Segelhaven in Amsterdam. Mit dem Boot und eigenem Bett ist die Unterkunft hier viel günstiger als jede Jugendherberge.

Man läuft ca. 8 Minuten bis zur Fähre, die im 3 Minuten Takt für eine perfekte Anbindung von Nordamsterdam an das Zentrum sorgt. Die Fähre fährt auch nachts und ist für die Nutzer kostenlos.

Solch eine Anbindung hätte ich in Hamburg auch gerne für Wilhelmsburg!

Blick aus dem Sixthafen in Richtung Hauptbahnhof.

Reinhold bekommt noch seinen Zug nach Neuss. Ich richte mich für die nächsten Tage hier ein, bevor es weiter in Richtung Schlei gehen soll.

25.7. – 27.7.: Amsterdam und das Ende der Rundreise um England

Ich genieße zunächst die bevorzugte Lage in Amsterdam. Von hier aus lässt sich die Stadt locker erlaufen.

Für mich neu ist auf dieser Seite des Kanals das Filmmuseum Eye sowie der Turm mit dem Touristenmagnet „Lookout“.

Das aufgeregte Kreischen der Schaukelbenutzer im vielleicht 26 Stockwerk ist auch im Sixthaven noch deutlich zu hören.
Filmhochschule, Filmmuseum und weitere kreative Einrichtungen haben einen zentralen Platz in der Stadtarchitektur von Amsterdam erhalten.

Die weitere Rückreise über das Ijsselmeer, die Nordsee und den Nord Ostseekanal werde ich hier nicht weiter beschreiben. Auf der Hinreise sind zu dieser Strecke bereits umfangreiche Beschreibungen entstanden.

Leider muss ich meine Rundreise an dieser Stelle plötzlich abbrechen, um mich ungeplanten familiären Herausforderungen stellen zu können.

Die Rückreise des Bootes erfolgt in den nächsten Wochen. Ralf und Nicola, unsere Freunde aus Stexwig, haben sich freundlicherweise bereit erklärt, das Schiff von Amsterdam nach Stexwig zurück zu segeln. Vielen Dank!

Was habe ich aus der Reise gelernt?

Nun ist die Segelreise schon ein halbes Jahr vergangen und ich finde Zeit, den Blog zu überarbeiten und mich damit zu befassen, was mir die Reise gebracht hat.

Dem Blog nach zu urteilen, war die Reise zu Beginn viel aufregender. Jedenfalls scheint am Ende der Reise nicht mehr viel passiert zu sein.

In der Tat war der Beginn sehr aufregend. Die verpatzte erste Querung nach England, die den Zeitplan so durcheinandergewirbelt hat und die aufregende morgentliche Fahrt durch Dämmerung und Nebel nach Terschelling werde ich nicht mehr vergessen. Zwei alternde Männer, die unabhängig von einander nach 3 durchgesegelten Nächten Halluzinationen haben – das war schon recht grenzwertig.

1. Lehre aus der Tour: für solch eine Tour ab Mai benötigt man solidere warme Kleidung. Für regendichte Segler Bekleidung habe ich viel Geld ausgegeben – die Kälte konnte ich mir einfach nicht vorstellen.

Alles in allem war die Tour seglerisch viel aufregender als die Atlantikquerung von Teneriffa nach Martinique zusammen mit meiner Tochter in 2 von 8 gecharterten Kojen.

Die rauhe Ostküste mit den herzlichen Menschen, auch wenn sie vermutlich den Brexit befürworten, werde ich nicht vergessen.

Der Caledonian Canal bei regenfreiem Wetter – solch eine Gnade kommt wohl selten vor. Die landschaftlich berauschenden Bilder bleiben mir in Erinnerung.

An vielen Orten wären wir gerne länger geblieben. Dazu war die Zeit zu knapp. Wir sind an der Ostküste und durch den Caledonian Canal in langen Strecken der Zeit hinter her gefahren. Der Zeitplan hätte gepasst, wenn die Querung der Nordsee funktioniert hätte.

Um länger an Orten bleiben zu können, müsste man die Tour eigentlich auf 2 Jahre verteilen. Wenn man sich darauf einlässt, wird man bestimmt einen Winterliegeplatz z.B. in Wales finden. Das würde zusätzlich Geschwindigkeit aus der Aktion rausnehmen. Viele interessante Orte sind wir aus Zeitgründen gar nicht angelaufen.

2. Lehre aus der Tour: besser die Rundreise auf 2 Jahre verteilen, um an schönen Orten länger verweilen zu können.

An vielen Stellen wird der Leser feststellen, das die Segelreise oft durch einen gemütlich knatternden Motor begleitet wurde. Zeitplan und Windrichtung scheinen sich da abgesprochen zu haben. Unter den gewählten Rahmenbedingungen hatten wir auch keine andere Chance, als den Motor häufiger als gewünscht zu nutzen.

3. Lehre aus der Tour: der Motor ist existentiell wichtig. Vor der Segeltour am besten eine umfangreiche Wartung des Motors vornehmen bzw. vornehmen lassen.

Von den zwischenmenschlichen Beziehungen habe ich wenig im Blog berichtet. Sie waren schließlich nicht sonderlich kompliziert, da ja immer nur 2 Personen an Bord waren. Das Thema ist bei einer größeren Crew deutlich komplexer.

Für mich war es einfacher, mit Freunden zusammen zu segeln, die ich schon länger kenne. Ein enges Selgelboot ist kein guter Ort, um sich kennen zu lernen. Der Platz an Bord ist beschränkt. Man hat kaum Möglichkeiten, sich aus dem Weg zu gehen. Nähe und Distanz können nicht so leicht ausgependelt werden.

Um so wichtiger war für mich, an Land gelegentlich auch alleine etwas zu unternehmen.

Vieles ist in der Vorbereitung auch ganz gut gelaufen. Ich rühre zum wiederholten Male für diese Strecke die Werbetrommel für ein AIS System. Ein passives System reicht meiner Ansicht nach, da die Berufsschifffahrt in der Regel über ein Radarsystem verfügt und uns deshalb auch bei schlechter Sicht auf dem Schirm haben sollte.

Das Boot war insgesamt solide ausgestattet. Die Nahrungsvorräte waren ausreichend.

Bei der Planung war ich davon ausgegangen, einige Strecken auch einhand zu segeln. Grundsätzlich traue ich mir das zu, auch wenn ich vermutlich lieber in Gemeinschaft segle. Meine einziger Segeltag einhand in Liverpool ging allerdings schief. Aber auch zu zweit hätten wir an diesem Tag uns wohl für einen Abbruch entschieden.

Das Testen des einhändigen Segelns muss ich wiederholen. Es geht nicht um die Herausforderung, das bewältigen zu können, sondern um die Reise nach innen. Man findet dann mehr Zeit, sich mit der eigenen Befindlichkeit zu befassen.

Trotz der gelegentlichen Härten habe ich es zu keiner Zeit bereut, diese Reise durchgeführt zu haben. Von diesen Erinnerungen werde ich noch lange zehren.